Design CORE – Auf dem Weg zur Stadtgestaltung 2.0

CORE – Auf dem Weg zur Stadtgestaltung 2.0

Auf dem Weg zur Stadtgestaltung 2.0

Foto: Pino Petrillo

Mit CORE entsteht in Oldenburg derzeit ein völlig neuartiges Zentrum fürs Arbeiten auf modernstem Niveau, für kreativen Austausch und anspruchsvolle Gastronomie unter einem gemeinsamen Dach. Bereits die Einführungsveranstaltung „Take off“ entpuppte sich als echter Publikumsmagnet. Wir fragten die CORE-Initiatoren Alexis Angelis (Neu_Fundland Projekte) und Jens Läkamp (the peak lab), was dieses Projekt so einmalig macht.

Info – Das Stadtentwicklungsprojekt CORE entsteht zur Zeit in der Heiligengeiststraße 4 in Oldenburg. Nach Fertigstellung Ende diesen Jahres soll es im Erdgeschoss eine Markthalle mit verschiedenen Foodkonzepten sowie Meeting- und Veranstaltungsräumlichkeiten aufweisen und im Obergeschoss moderne und individuelle Arbeitsflächen für innovative Unternehmen und Freiberufler sowie Raum für gegenseitigen Austausch und wechselseitigen Workflow bieten.
 
Weitere Infos unter core-oldenburg.de

CHAPEAU ― CORE soll der neue Kern unserer Stadt werden – was geht da ab?

Alexis Angelis ― Wir schaffen hier eine Plattform, auf der sich alles bündelt, was sich in der Stadt und in der Region um das Thema Innovation dreht. Wo sich innovative Wirtschaft und Wissenschaft treffen. Ich meine es wörtlich wenn ich sage, dass wir einen neuen Kern der Stadt erfinden und anbieten. Zusätzlich nehmen wir uns auch des Grundproblems leerstehender Einzelhandelsflächen in der Innenstadt an. Ein neues Konzept mit neuartigem Nutzungsansatz, das in Richtung Innenstadt 2.0 denkt.

Jens Läkamp ― Für sich genommen sind Co-Working und eine Markthalle mit Foodkonzept ja nichts Neues. Aber wir bringen verschiedene Menschen und Branchen zusammen, die sonst nicht an einem Ort zusammentreffen würden. Wir haben uns gefragt, wo zum Beispiel IT-Geeks und junge Start-Ups in Oldenburg mit anderen Menschen in Kontakt kommen können, wenn sie sich austauschen wollen. CORE soll so ein Ort sein. Ein Ort, der von allen Oldenburgerinnen und Oldenburgern geschätzt wird. Mit Leib und Seele, wo man ganz unbeschwert einen Kaffee trinken oder Mittagessen kann. Zugleich aber auch – wenn gewollt – Teilhabe an innovativen Themen praktiziert werden kann. Ganz einfach über ein Gespräch, die Teilnahme an einer Veranstaltung und ähnlichem. Ohne Barrieren und total ungezwungen – das ist unser Wunsch. Wir bleiben in und glauben an Oldenburg, weil es hier vieles gibt, das wir zusammenführen können. Als IT-Unternehmer muss ich mich ja fragen, wie sich der Standort entwickelt. Wie halten wir Fachkräfte in Oldenburg oder bekommen sie zurück? Alle Verantwortlichen, die in unserer Stadt leben, müssen nachhaltig in die Zukunft investieren, damit sie später ernten können. Das ist die beste Metapher für CORE.

Foto: Pino Petrillo

„Wir schaffen eine Plattform, auf der innovative Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft zusammentreffen.“

Wie soll Co-Working bei euch funktionieren?

Alexis Angelis ― Co-Working ist ein Bestandteil von CORE. Der andere Bestandteil ist die Streetfood Markthalle, ein qualitativer Foodcourt aus acht Ständen. Darüber hinaus werden im Erdgeschoss Veranstaltungen und Events zu den Themen der Zukunft stattfinden. Unternehmen, Verbände, Hochschulen – wer auch immer – können im CORE öffentliche Veranstaltungen durchführen, auch in Verbindung mit dem Streetfood Court. Der ist immer offen und sichtbar mitten in der Stadt. Da haben wir das klassische Co-Working: Unternehmen oder Freelancer können flexible Arbeitsplätze mieten, um einen Workshop zu veranstalten und sich nebenbei mit anderen Leuten vernetzen.

Jens Läkamp ― Neben der Infrastruktur spielt natürlich das Thema Community eine Rolle. Sich ein Büro teilen, einen 3D-Drucker, eine Virtual-Reality-Ecke oder ähnliche Ressourcen, die man für eine Stunde, einen Tag oder monatsweise buchen kann. Auch dem Kulturbereich möchten wir in dieser Gemeinschaft ein Zuhause und Raum zur Entfaltung geben, damit neue Synergien und Verbindungen für die Stadt entstehen. Unser Wunsch: weniger Mainstream, mehr Subkultur!

Alexis Angelis ― Innovationskultur ist die Basis von CORE und bildet den Nährboden für die Entwicklung der Region. CORE ist die Plattform für alle, die sich vernetzen wollen. Hochschulen, Unternehmen oder Einrichtungen wie das Institut für Informatik, OFFIS, kommen hier zusammen und wollen sich engagieren. Wir konkurrieren nicht gegen andere Institutionen, sondern schaffen etwas Neues. Das ist nicht ganz selbstlos. Wir schaffen hier ein Umfeld, in dem wir uns auch selbst gern aufhalten. Die Stadt kann einfach noch lebendiger und bunter werden. Junge Leute sollen bleiben oder wiederkommen.

Jens Läkamp ― Schon beim Take-Off-Event hat man gesehen, was hier los war und wie gemischt das Publikum war. Das hat unsere Erwartungen weit übertroffen. Hier entsteht tatsächlich ein neuer Kern.

In der neuen Markthalle sollen acht Stände entstehen. Gibt es für deren Angebote ein übergeordnetes Food-Konzept?

Alexis Angelis ― Alles soll ineinander greifen, und es soll sich Vielfalt entwickeln. CORE wird sich lebendig wie ein Marktplatz und vielfältig wie eine Stadt präsentieren. Ein moderner Sharing-Ansatz bietet kleinen Gastronomen und Anbietern die Chance, in der Verbindung mit anderen stärker aufzutreten, Ressourcen wie eine Vorbereitungsküche gemeinsam zu nutzen. Dafür binden wir lokale Player ein, wie zum Beispiel Käthe Kaffee. Andere wollen aus einem erweiterten Radius nach Oldenburg kommen, etwa aus Bremen und seinem Umfeld. Das wird eine gute Angebotsvielfalt ergeben.

Jens Läkamp ― Kulinarik spricht uns alle an. Man möchte ja auch mal etwas Neues schmecken, und die gastronomische Vielfalt in Oldenburg ist durchaus noch ausbaufähig. Es geht nicht darum, das nächste große Restaurant zu eröffnen, sondern wir machen im Prinzip ein Restaurant mit vielen Köchen auf. In privaten Wohnungen und Häusern ist die Küche häufig der beliebteste Raum, und nach unserer Vorstellung wird die Markthalle die Küche Oldenburgs sein. Mit talentierten Köchen und Menschen, die keinen Einheitsbrei servieren, sondern Lebensmittel neu interpretieren und frisch zugänglich machen. Eine Qualität, für die du sonst lange fahren musst. Wir führen intensive Gespräche mit spannenden Anwärtern und Anwärterinnen, die mit ihren Angeboten genau nach einer solchen Möglichkeit gesucht haben.

Alexis Angelis ― Wir wissen alle, wie kompliziert das Thema Gastronomie ist. Unser Konzept beinhaltet eine Bündelung. Da steht nicht einer allein, sondern es tun sich acht Anbieter zusammen und teilen sich die Grundausstattung wie etwa die Tische. Das Konzept beruht auf Offenheit. Der Foodbereich wird von den Gästen aus den Arbeitsbereichen genutzt und ist gleichzeitig öffentlich zugänglich. Das befördert automatisch Gespräche, einen zwanglosen Austausch, tagsüber und abends. Oldenburg hat sehr viele gute Facetten, und die wollen wir zusammenbringen. Eine gemeinsame Streitkraft entwickeln, die über die Region hinaus wirkt.

Im digitalen Zeitalter kann die meisten von zuhause auch aus arbeiten. Braucht man da noch einen zentralen Ort?

Alexis Angelis ― Ganz eindeutig ja. Als das Thema Digitalisierung in den frühen 90er Jahren erstmals so richtig präsent wurde, kam der Irrglaube auf, in Zukunft würde jeder zuhause arbeiten und dort alles machen. Das Gegenteil ist der Fall. Es gibt einen immensen Trend in die Innenstädte. Die Menschen suchen Gemeinschaften und Communities in allem was sie tun. Das fängt im Fitnessstudio an und geht über in die große Welt der Co-Working Spaces. Es geht darum, Gleichgesinnte zu finden. Das Analoge hat nicht an Bedeutung verloren. Wir finden digital zueinander, aber verbinden uns auch lokal wieder miteinander. Die Leute wollen Identität, Charakter und Produkte aus der Region haben.

Jens Läkamp ― Bei dem einen oder anderen Unternehmen spüre ich eine gewisse Angst, dass ihnen die Leute weglaufen. Sie versuchen dem punktuell mit eigenen Flächen entgegenzuwirken, räumen einen Raum aus, stellen ein paar Sitzkissen hin und eine Kaffeemaschine rein. Das ist okay, um Themen auszulagern. Aber es geht generell darum, die Leute aus ihren Silos herauszuholen und an einem frischen Ort zusammenzubringen, an dem sie frei denken können. Co-Working bedeutet, zusammen etwas zu erarbeiten. Und das an einem Ort, der mehr bietet als der klassische Arbeitsplatz. Ich verstehe Co-Working auch als Zone, wo sich Unternehmen im Team treffen und zentral an einem Projekt arbeiten können. Das Konzept ist nicht nur für Oldenburg tauglich, sondern für viele Städte in Deutschland, die ähnlich ticken. Bei the peak lab sind wir 30 Menschen, die zusammen arbeiten. Die Frage ob wir ein größeres Gebäude mit mehr Meetingräumen bräuchten, wird sich wohl erübrigen, wenn wir CORE als Ausgleichsfläche nutzen können. Co-Working unterstützt das Homeoffice. Es gibt Firmen, die gar kein Büro haben. Buffer, zum Beispiel, ist ein Unternehmen im Bereich Social Media. Deren Mitarbeiter sitzen auf der ganzen Welt, und zu Meetings kommt man in Co-Working Spaces zusammen. Was wir anbieten, ist prinzipiell also schon bekannt, aber ein zukunftsträchtiges Modell. Wenn die Corona-Krise überstanden ist, werden wir immer wieder zusammen kommen wollen, um Dinge voranzubringen. Nicht nur im Team, sondern auch mit Kooperationspartnern.

Alexis Angelis ― Im Homeoffice kann man Dinge allein abarbeiten. Aber um kreative Ideen zu entwickeln, braucht man den direkten Austausch. Alle modernen Arbeitsprinzipien basieren auf physischer Zusammenarbeit. CORE bietet die Plattform, um auch den Homeworkern Inspiration zu bieten.
Entscheidend wird auch sein, dass wir nicht statisch sind, sondern uns anschauen und analysieren, wie das CORE genutzt wird. Wir werden unser Konzept stetig und flexibel nach den Gegebenheiten weiterentwickeln.

Sind klassische Büros geplant, oder gibt es schon fest definierte Arbeitsplatz-Konzepte?

Alexis Angelis ― Genau wie in der Markthalle muss es auch dort eine Welt der unterschiedlichen Angebote geben. Das fängt beim kleinen Zweier- oder Viererbüro an, aber es gibt auch offene Arbeitsplätze, die man für sich definieren kann. Man bewegt sich durch eine Landschaft. Der eine Arbeitsplatz befindet in einem runden Raum, der nächste ist eine Box oder mal ein Container.

Foto: Pino Petrillo

Kann man sich CORE auch als eine Art Congress Center vorstellen?

Jens Läkamp ― Congress Centrum klingt nach einer riesigen Halle, wo tausende Menschen hineinströmen. Das ist nicht vergleichbar. Wir verstehen CORE auch als Ort für Wissenstransfer, aber hier geht es eher um kleinere Konferenzen. Eine Webkonferenz mit sechs bis acht Leuten oder ein Meet-Up im Tribünen-Bereich sind hier denkbar.

Alexis Angelis ― Wir wollen den Begriff Konferenz entstauben. Wenn ich Congress Center höre, denke ich an die alten amerikanischen Stühle, an künstliches Licht, an schlechte Klimaanlage, schlechtes Essen und hässliches Mobiliar. Wir wollen den New Work Spirit. Das Umfeld hier ist kreativer und facettenreicher.

Wenn ich es richtig herausgehört habe, ist CORE für euch ein Pilotprojekt. Plant ihr ähnliche Projekte an weiteren Standorten?

Alexis Angelis ― Richtig, CORE ist ein Pilotprojekt. Wir haben es neu gegründet, wir starten es neu, wir entwickeln es individuell in Oldenburg und nehmen es auch als Ausgangspunkt für andere Orte. Die Kombination aus Food- und Forumbereich mit regionalem Co-Working ist neu und wird deutschlandweit Aufsehen erregen.

Jens Läkamp ― Auch die Themen Wissenschaft und Forschung sind sehr wichtig und in Bezug auf unser Alleinstellungsmerkmal entscheidend. Es geht darum, Studierenden mehr mitzugeben und sie besser darauf vorzubereiten, was in der Wirtschaft gefragt ist. Wir sind schon in einem ganz frühem Stadium zu den Universitäten, den Fachhochschulen und zu Instituten gegangen und haben sie zur Teilnahme ermuntert. Wie cool wird es sein, wenn Studierende ihre Vorlesungen hier abhalten oder einen öffentlichen Pitch zu ihren eigenen Geschäftsideen halten können. Deswegen ist es eben nicht nur ein Zentrum für Start-Up-Unternehmen. Wir wollen dabei helfen, Dinge früh erkennbar zu machen. Dass man das an den Hochschulen erkannt hat und im CORE Vorlesungen abhalten will, ist ein Zeichen, dass wir mit unserem Pilotprojekt in die richtige Richtung gehen.

CORE liegt mitten in der Oldenburger Innenstadt. Wie rechnet sich das Projekt für euch, ist es ein finanzielles Wagnis?

Alexis Angelis ― Wir besetzen hier einen Ort, der leer stand. Dadurch hatte auch das ganze Umfeld Probleme bekommen. Als neuer Kern der Stadt bietet CORE auch neue Ideen für die Innenstädte – und das ist die Chance für derartige Projekte. Wir steigen hier nicht auf einen Preis ein, zu dem man früher hier erfolgreich Handel betrieb, sondern auf einem anderen Niveau. Unser Konzept gibt der Immobilie einen Sinn, und drum herum siedeln sich andere Themen an. Die OLB, zum Beispiel, hat sich mit ihrem neuen Beratungscenter Oldenburg mit in das City Center angesiedelt, weil sie das Potenzial von CORE sehen und direkt nebenan auch ihre eigenen innovativen Pläne umsetzen wollen.

Foto: Pino Petrillo

„CORE bildet den Nährboden für die Entwicklung der Region.“

Die Generalprobe habt ihr mit der Take-Off Veranstaltung mit großartiger Resonanz gemeistert. Gab es danach aktive neue Bewerber?

Alexis Angelis ― Sowohl die privaten Gäste wie auch Studierende oder Vorstände großer Unternehmen waren begeistert. Wir bekommen viele Anfragen von Unternehmen, die sich als Businesspartner anbieten. Die sortieren wir jetzt und akquirieren noch weiter. CORE lebt von Partnerschaften mit Unternehmen, die davon profitieren, einen solchen Nährboden in der Stadt zu haben. Wir sind überzeugt, hier mit einem vollen Haus starten zu können.

Ihr sprecht bei CORE auch von einem „Ökosystem für Innovationen“. Ist das rein ökonomisch gemeint, oder habt ihr bei der Planung und beim Bau auch ökologische Aspekte berücksichtigt?

Alexis Angelis ― Darüber machen wir uns grundsätzlich Gedanken. Ein wichtiger ökologischer Gedanke ist die Nutzung von vorhandener Substanz. Wir füllen etwas neu, was bereits da ist. Das ist ökologisch kaum zu überbieten. Alles was man neu bauen müsste, wäre schwieriger. Wir berücksichtigen den Aspekt der Nachhaltigkeit detailliert bei der Auswahl der Materialien, haben Gastronomen als Partnerinnen und Partner, die lokal denken. Der Spirit ist voll da.

Als ihr mit den Planungen begonnen habt, hatte die Welt noch nichts vom Corona-Virus gehört. Jetzt werden Veranstaltungen abgesagt, die Menschen werden unruhig und meiden Zusammenkünfte. Müsst ihr auf neue Situationen reagieren, die sich daraus ergeben?

Alexis Angelis ― Momenten reagieren viele Menschen sehr stark auf die Nachrichten. Es ist erschreckend, was gerade mit der Wirtschaft passiert. Aber das ändert nichts daran, dass die Leute längerfristig wieder zusammen kommen und gemeinsam arbeiten werden.

Foto: Pino Petrillo

„Die Leute wollen Identität, Charakter und Produkte aus der Region haben.“

Der Ausbau befindet sich jetzt in der heißen Phase. Wie geht es voran, leidet der Bau unter dem viel zitierten Fachkräftekräftemangel, oder läuft alles nach Plan?

Alexis Angelis ― Die Planung ist in der heißen Phase, und bald steht der Umbau an. Es ist sehr anspruchsvoll, Firmen für die Umsetzung zu gewinnen und Fachkräfte zu bekommen. Aber wir sind auf gutem Wege. Viele Leute kommen sogar auf uns zu und wollen an dem Projekt mitarbeiten. Das zeigt uns auch, dass gute Ideen und Inhalte das sind, was die Menschen brauchen. Sie beteiligen sich gern an dieser ambitionierten Sache.

Für wann ist die große Eröffnung geplant?

Alexis Angelis ― Derzeit Ende des Jahres. Der reguläre Betrieb kann dann Anfang 2021 an den Start gehen.

Wir sind schon sehr gespannt, wünschen weiterhin viel Glück für dieses großartige Projekt und freuen uns auf weitere tolle Geschichten.

Kategorie: Design
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