Reisen DER (NICHT) FLIEGENDE HOLLÄNDER

DER (NICHT) FLIEGENDE HOLLÄNDER

Ein Reisebericht von Alp Usar

ODER WIE EINE KOLONIALMACHT DIE HINDU-KULTUR RETTET

Die Fahrt zum Hotel vom veralteten Airport dauert mit „Blue Taxi’’ eine gute Stunde. Taxameter? Fehlanzeige. Wozu auch? Heftig handeln, ohne sich zu verstehen, das ist hier die Kunst! Aber keine Bange: Dieses Land ist verdammt billig. Wir einigen uns für diese lange Fahrt auf ganze 13 Dollar. Davon sind 16.000 Rupiah (die Landeswährung), also etwa 1,20 Euro, für die Mautgebühren auf dem Highway eingeplant. Bevor man in ein Hotel darf, wird man vor der Einfahrt gründlich durchsucht: Hier kommen teilweise tatsächlich Hunde zum Einsatz, die auf Bombenermittlung abgerichtet sind. Ein bisschen mulmig wird mir dabei schon. Aber trotz der ernsten Gesichter sind die Indonesier ein freundliches Völkchen: Werden sie angelächelt, freuen sie sich und lächeln gerne zurück.

Das Frühstück im Hotel ist in der Regel für europäische Gaumen nicht vielfältig genug – nur kleine Butterpäckchen, Croissants, etwas Käse und komische Marmelade. Umso köstlicher ist das indonesische Essen! Asiatisch, und irgendwie von allem etwas. So wie das Land: Hindu, Halal Food, Thailändisch, Malaysisch, aber auch leicht Kreolisch. Alfred Wegeners Kontinentalverschiebung in allen Ehren!

In Jakarta selbst befinden sich mehr als 100 Shopping Malls – von luxuriös bis alltäglich, ob Gucci oder H&M: Nahezu jedes internationale Label und jeder Shop ist hier zu finden. Günstiger allerdings nicht. In dieser anarchistisch und rasant gewachsenen Metropole selbst gibt es, um ehrlich zu sein, nicht viel zu sehen. Reste einer Altstadt erinnern an die Kolonialzeit, auf einem absolut chaotischen Flohmarkt bekommt man durchaus seltene, antike Stücke, und dann noch die größte Moschee Südostasiens. Und das war es schon aus meiner Sicht. Wobei, nicht zu vergessen das Wahnsinns-Nachtleben, mit urigen Clubs und Bars – Party nonstop! Die Megastadt sollte man vielleicht eher für ein Stopover nutzen, um von hier aus das restliche Land zu erkunden. Und eines der lohnenswerten Ziele ist dabei sicherlich Borobudur.

Die Low-Cost-Airline Air Asia fliegt hier in Asien für wenig Geld überall hin: So zahlt man für einen Hin- und Rückflug nach Yogyakarta Airport sage und schreibe 140 Euro. Es sei denn, man gönnt sich etwas Luxus für circa 20 Euro mehr. Dann wird man nämlich Red Carpet Member. Das bedeutet: Sitzplatzgarantie in den vorderen Reihen oder am Notausgang, Lounge Zutritt, ein persönlicher Begleitservice zum Gate und Fast-Track-Lane mit Priority Check-in. Kann ich wirklich nur empfehlen! Die Lounge ist nichts Besonderes, aber die Drinks und Snacks sind spitze.

Nach circa einer Stunde Flug lande ich in Yogyakarta. Der Flieger startete um 5.50 Uhr morgens, ich bin also wirklich sehr früh da. Der Fahrer No Name (ich habe seinen Namen leider vergessen) und Guide Sam werden mich bis 15.00 Uhr begleiten, um 16.10 Uhr geht es zurück nach Jakarta.

Jakarta – ein Schmelztiegel. 30 Millionen Menschen, sagen die Einheimischen, sollen hier neben den unzähligen Hochhäusern und in den Slums den alltäglichen Smog-Dunst atmen.

Recht ordentliche Straßen führen zu unserem ersten Highlight, dem Borobudur Tempel. Die Straßen sind voll. Die Menschen beginnen den Tag offenbar sehr früh. Eine gute Stunde Fahrt – und dann taucht plötzlich eine riesige Parkanlage auf. Hinter den vielen Blumen ragt wuchtig ein Monument der besonderen Klasse heraus: der Tempel, Hindu-Werk und UNESCO Welterbe. Zuallererst entdeckten die holländischen Kolonial-Herrscher dieses 35 Meter hohe, buddhistische Wunderwerk. Erst benutzten sie dessen Lavasteine zum Bau ihrer Festungen – und haben sich dann zum Glück doch zur Restauration entschlossen (1814 – 1835). Ursprünglich gebaut wurde die Stupa bis 850 nach Christus, begonnen haben die Arbeiten 750 nach Christus. Etliche Flachreliefs beschreiben das Leben von Buddha. Im
11. Jahrhundert wird der Tempel durch den Ausbruch des (noch aktiven) Vulkans Merapi von Asche verschüttet und geriet deshalb eine Weile in Vergessenheit. Der Wiederentdecker Thomas Stamford Raffles (damaliger Gouverneur Javas) ließ die ersten Restaurationsarbeiten durchführen. Ende 1896 dann präsentierte die holländische Kolonialbehörde dem thailändischen König den Borobudur-Tempel. Vier Jahre später haben die Holländer schließlich mit der professionellen Restauration begonnen. Sunrise oder Sunset über Borobudur lässt die Sinne jonglieren: Es ist ein Ort der Stille und der Wiederfindung, aber auch einer, der sich wunderbar für viele Fotos eignet – und bei denen die Einheimischen gern mit posieren.

Nicht weit von dieser wundervollen Anlage entfernt ist der ehemalige Palast des Königs und ein Brahmanen-Tempel zu besichtigen. Hier kann man sich kostenlos von der indonesischen Tanzkunst inspirieren lassen. Ist zwar nicht unbedingt meine Welt, doch allein die vielfältigen Instrumente sind ein Besuch wert.

Und die Krönung der Reise? Die Krönung ist Kopi Luwak, der teuerste Kaffee der Welt. Unglaublich, aber wahr, ausgerechnet hier findet man ihn. Und was macht ihn so teuer? Wer ist wirklich wissen will (denn so richtig appetitlich ist es ehrlich gesagt nicht): Der Fleckenmusang, eine Art Wildkatze, mit einer einzigartigen Vorliebe für die Früchte der Kaffeepflanze sind die Macher. Diese Wesen suchen sich die besten Bohnen aus und essen diese – können aber nur das Fruchtfleisch verdauen. Die Bohnen werden auf natürlichem Wege wieder ausgeschieden: Diese Fermentierung sorgt für den einzigartigen Geschmack. Die Bohnen werden gesammelt, natürlich gereinigt und eine Woche zum Trocknen ausgelegt. Danach werden sie mit rudimentären Maschinen handgeröstet, und et voila! 160 Dollar pro Kilogramm. Und ja, der Kaffee ist feurig!

Kategorie: Reisen
Chapeau - Das Magazin für kultivierte Lebensart - Logo