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Digital Detox

Disconect to Reconect

Ein Leben ohne Smartphone ist für mich definitiv undenkbar. Ich checke Mails, beziehe wichtige Informationen, kann jeden zu jeder Zeit an fast jedem Ort dieser Welt erreichen und Freunde oder Familie an ganz besonderen Momenten in meinem Leben teilhaben lassen. Das ist die eine Seite der Medaille. Zunehmend aber empfinde ich es auch als anstrengend, rund um die Uhr erreichbar zu sein, das Gefühl zu haben, immer alles sofort beantworten zu müssen und permanent mit den neuesten News versorgt zu werden.
Auch während ich diesen Artikel schreibe, klingelt und vibriert mein Handy und ich muss nach kurzen Unterbrechungen gedanklich immer wieder neu einsteigen. Das Tamagochi der Gegenwart, das permanent schreit „Beachte mich, füttere mich, kümmere dich um mich. JETZT.“ Wie passend, ausgerechnet bei diesem Thema.
Wann hast du das letzte Mal einen Tag ohne Whatsapp, E-Mails oder Facebook verbracht, 24 Stunden ohne via Smartphone zu surfen oder Filme anzuschauen? Kannst du dich überhaupt an einen solchen Tag erinnern? Die Vielzahl an verfügbaren Medien ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Fluch und Segen zugleich. Spätestens, wenn sich die ständige Reizüberflutung negativ auf unser Befinden und auf unsere Produktivität auswirkt, ist es Zeit sich Gedanken über einen „kalten Entzug“, sprich Digitalen Detox zu machen.
Wer einmal ein kleines Kind beobachtet hat, das ein Smartphone in die Hand bekommt, erinnert sich vielleicht noch daran, wie es war, als man selbst das erste Mal eines in der Hand hatten. Es leuchtet, macht Geräusche und hat großes Unterhaltungspotenzial. So viele neue Möglichkeiten. Neben den ganzen beruflichen Kommunikationswegen, die uns das Smartphone bietet, bauen wir tatsächlich aber auch so etwas wie eine emotionale Beziehung auf.
Schon mal ohne Smartphone ins Auto eingestiegen? Spätestens an der ersten Kreuzung fühlt es sich an, als säße man nackt im Wagen. Respekt, wer dann weiterfährt. Das Handy gibt uns das Gefühl, nicht allein zu sein. Wir fühlen uns sicherer und mit der Welt verbunden. Was, wenn ich liegen bleibe, wenn ich im Stau stehe, wenn ich nicht pünktlich sein kann, wenn mein Kollege anruft, wenn ich eine Telefonnummer brauche oder etwas überweisen muss? Ich denke, die meisten von uns drehen sofort um. Wir können jederzeit, zumindest theoretisch, Kontakt zu Mitmenschen aufnehmen. Wir freuen uns über die Aufmerksamkeit, wenn wir eine Nachricht erhalten oder wieder ein völlig Unbekannter unser Bild bei Instagram „liked“. Tatsächlich aber verwechseln wir den virtuellen Kontakt leicht mit echter und ehrlicher Anerkennung, nach der wir alle irgendwie suchen. Genau das macht das Smartphone verführerisch.
Vom kompletten digitalen Entzug halte ich selbst nur bedingt etwas. Die Menge macht das Gift. Ich vergleiche das gern beispielsweise mit Grünen-Smoothie- Detox-Saft-Kuren, die meist nur einen kurzfristigen positiven Effekt auf die Gesundheit haben. Danach verfällt man zu gern in alte Gewohnheiten zurück. Bevor wir uns nun also wegen dem „information overload“ eine komplette Abstinenz in einem der Hippie-Camps im Silicon Valley unter dem Motto „Disconnect to Reconnect“ verordnen (ja, die gibt es und sie werden von vielen Managern der digitalen Branche in Anspruch genommen), helfen vielleicht schon ein paar einfache Tipps für den Alltag:

1. Gewinne den Morgen, gewinne den Tag

― Lass dich vom klassischen Wecker wecken. Das Smartphone gehört nicht ins Schlafzimmer. Entspann dich: Du verpasst nichts, wenn du nicht sofort nach dem Aufwachen Nachrichten checkst. Belaste deine begrenzte Aufnahmefähigkeit nicht schon morgens mit unnötigen Informationen und gib dir und wirklich wichtigen Dingen mehr Raum.

3. Handy-Tabu im Meeting

― Ob beim Business-Termin oder in privater Runde: Stell das Handy auf lautlos und halte es außer Sichtweite. Es ist eine Frage des Respekts deinem Gesprächspartner gegenüber. Er verdient deine ungeteilte Aufmerksamkeit. So wie du seine verdienst. Sei im Jetzt und konzentriere dich auf den Moment.

5. Digitale Pausen einlegen

― Lass das Handy beim Sport oder beim Einkaufen in der Tasche. So kannst dich besser auf das konzentrieren, was du im Moment machst und bekommst den Kopf frei. Das entspannt, fördert deine Konzentration und Kreativität.

7. Verzichte vor dem Schlafen auf digitale Medien

― Wer vor dem Schlafen gehen auf digitale Medien verzichtet, schläft nicht nur schneller ein sondern hat auch einen erholsameren Schlaf. Durch Bildschirme vom Smartphone, Tablet, Laptop oder Fernsehen und deren Blautöne wird im Gehirn die Ausschüttung von Melatonin verhindert. Und genau das ist verantwortlich für einen guten erholsamen Schlaf.

2. Push-Nachrichten abschalten

― Du kennst nicht den neuen Rundenrekord von Vettel drei Sekunden nach Zieldurchfahrt, hast nicht im Newsticker gelesen, dass in der Schrebergartenanlage von Klein Machnow eine Hanfplantage entdeckt wurde und wieder ein Einzelhändler in Oldenburg dicht machen musste? Beruhig dich, die Welt dreht sich weiter. Du musst nicht immer alles sofort wissen. Forscher haben herausgefunden, dass Multitasking nicht effizienter, sondern unproduktiver macht, so erfassen wir oft nur die Hälfte und die Gedächtnisleistung sinkt nachweislich. Entscheide du, wann du Nachrichten liest und fokussiere dich auf das, was du in den Moment tust.

4. In Ruhe essen

― Wir essen viel zu oft zwischen Tür und Angel mit dem Smartphone in der Hand oder beiläufig am Laptop. Nimm deine Essenzeit bewusst als Pause wahr und genieße deine Mahlzeit. Das entschleunigt nicht nur deinen Tag, sondern wirkt sich auch positiv auf deine Gesundheit aus. Durch das bewusste Essen verzichtest du schneller auf ungesundes Fastfood und achtest mehr auf das, was du zu dir nimmst.

6. Lies eine richtige Zeitschrift

― Medien online lesen heißt ständig weiterklicken oder wegwischen. Nimm dir Zeit, gönn dir Ruhe und lies einmal wieder eine richtige Zeitschrift oder Zeitung. Du wirst schnell merken, dass du Inhalte intensiver aufnimmst und beim Lesen zur Ruhe kommst

Christoph Heinemann

Kategorie: Top
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