Trends Ich bin dagegen, sich einem Modediktat zu unterwerfen

Ich bin dagegen, sich einem Modediktat zu unterwerfen

Interview mit Nazan Eckes

Im Dezember traf CHAPEAU Moderatorin Nasal Eckes, die als Markenbotschafterin beim Triumph Fashion Frühstück, einer exklusiven Präsentation im Modehaus Leffers, zu Gast war. Wir sprachen mit Ihr unter anderem über (Wohlfühlen-) Oasen jenseits von vorherrschenden Trends.

CHAPEAU ― Im heutigen Wandel von Mode, Lebensart, Lebenskultur, was ist deine Definition von Ästhetik?

Nazan Eckes ― Ästhetik ist natürlich erst einmal ein Begriff, der sich auf Äußerlichkeiten bezieht, denn etwas Ästhetisches nimmt man optisch wahr. Aber für mich ist nur dann etwas ästhetisch, wenn es auch mit einem gewissen Inhalt verbun- den ist. Besonders wenn wir über Menschen im Zusammenhang mit Ästhetik reden, sind für mich diejenigen schön, die auch irgendetwas transportieren. Ein faltenfreies, perfekt geschminktes Gesicht ist für mich nicht ästhetisch. Für mich wird es dann ästhetisch, wenn ein Funke überspringt, wenn in den Augen etwas funkelt. Auch wenn es ein oberflächlicher Begriff ist, ist er für mich nicht oberflächlich.

Bilder in Magazinen und Medien sugge- rieren uns, wie wir aussehen sollen. Wie stehst du zu Figur-Trends?

Auf gar keinen Fall sollte man solchen Trends folgen! Viele werden jetzt denken: Ja, klar, sie hat gut reden, sie ist schlank usw. Das stimmt, aber ich habe mich noch nie vom Schlankheitswahn verrücktmachen lassen. Ich habe noch nie in meinem Leben eine Diät gemacht. Das Einzige, was ich tatsächlich mache, ist, mich gesund zu ernähren und gerne Sport zu treiben. Ich glaube, man sollte auf seinen Körper und seine Gesundheit achten, weil wir nur den einen Körper haben und nicht zwei oder drei. Wir können ihn nicht irgendwo abhängen und uns einen neuen nehmen. Deswegen finde ich ein bewusstes Leben sehr wichtig, aber einem Schlankheitswahn zu verfallen und diese ganzen Mager-Geschichten – das ist schrecklich. Ich finde es nicht schön und auch nicht gesund. Ein Trend freut mich deshalb ganz besonders, und zwar, dass es mit Ashley Graham zum Beispiel Plus-Size-Models gibt, die wirklich etwas transportieren. Auch in der Mode merkt man, dass in der letzten Zeit etwas passiert ist: Es gibt plötzlich Models mit Kopftuch, viel mehr farbige oder viel mehr asiatische Modeltypen. Mode hat eine so große Auswirkung auf das gesellschaftliche Leben, dass ich es wichtig finde, wenn sie als Vorreiter ein neues Frauenbild etablieren.

Wie sieht für dich die Frau von morgen aus?

Oh, ich hoffe sehr, sehr, sehr selbstbe- wusst [lacht]. Auch wenn ich ein großer Fan von Fashion und Styling usw. bin, bin ich absolut dagegen, sich einem Modediktat zu unterwerfen. Aus dem Grunde bewundere ich persönlich immer Frauen, die im Leben ihr eigenes Ding durchziehen, die klare Ziele haben, sich sehr selbstbewusst durchs Leben bewegen, und die das auch mit ihrer Kleidung ausstrahlen. Oft sieht man Frauen, die Trendtaschen und Trendpullover tragen, aber da kommt trotzdem einfach nichts rüber. Das verhält sich genauso wie mit der Ästhetik, von der wir eben sprachen. Da ist es mir viel lieber, wenn jemand total außergewöhnlich aussieht, so dass man erst einmal denkt: Hä, was hat die da eigentlich an? So jemand ist dann ein gewisser Typ! Und das finde ich interessant.

Eine Fernsehsendung wie „Curvy Models“ spricht dich an?

Ja, absolut. Zum einen ist meine Freundin und Kollegin Motsi Mabuse daran be- teiligt, und die macht einfach einen tollen Job! Zum anderen zeigt diese Sendung auch, wie der Zeitgeist gerade ist. Wenn es Raum für so eine Fernsehsendung gibt, dann heißt das, dass sich etwas in der Gesellschaft getan hat. Ich finde so eine Sendung daher unheimlich wichtig, um allen anderen Trends etwas entge- genzusetzen. Viele sechzehn- und siebzehnjährige Mädels eifern eher diesem Schlankheitswahn nach, aber mit zunehmendem Alter kommt man ein bisschen mehr bei sich an, ist einfach „gesettelter“ und kapiert irgendwann, dass es nicht notwendig ist, sich runterzuhungern, um anderen Menschen zu gefallen.

Du treibst viel Sport – ist das Hochleistungssport …?

[Lacht] Mein Hochleistungssport ist, von morgens bis abends meinen Kindern hinterherzurennen, das hält mich tatsächlich fit – das darf man nicht unterschätzen: hin und her, runter und rauf und Wäsche hier und Spielplatz da ... Ich bin ein Mensch, der ständig in Bewegung ist. Ich bin niemand, der rumsitzt, nichts tut und fünf Stunden auf dem Sofa liegt. Früher habe ich sehr intensiv Sport gemacht, sowohl im Fitnessstudio als auch Laufen gehen, doch mit zwei Kindern muss ich einfach schauen, wo ich das noch so dazwischen quetsche. Was ich am liebsten mache, ist joggen. Dabei kriege ich den Kopf frei; ich bin an der frischen Luft, und der Körper wird komplett trainiert. Zu Hause haben wir ein Rudergerät, und manchmal ziehe ich mir das, wenn die Kinder schlafen, vor den Fernseher [lacht] und setze mich zum Rudern darauf. Das ist ganz leise, weil es mit Wasser gesteuert wird, und es macht auch total viel Spaß. Yoga ist eigentlich auch toll, aber ich bin komischerweise kein Typ, der Yoga alleine machen kann – obwohl es ja eine Sache ist, die man alleine machen sollte –, aber ich brauche immer jemanden, der das mit mir macht. Deswegen müsste ich zum Yoga-Unterricht, und das wiederum schaffe ich sehr selten.

Wie entspannst du dich, wie findest du deinen Mittelpunkt?

Das sind die ganz, ganz kleinen Momente. Als arbeitende Mutter, das wird jede andere Mutter bestätigen, gibt es nicht so viele Zeitoasen, in denen man einfach nichts tut und rumsitzt und Kaffee trinkt wie jetzt [lacht], sondern die Tage sind sehr intensiv. Sie gehen sehr früh los und enden sehr spät. Meistens sind mein Mann und ich am Abend völlig platt [lacht]. Wir lesen sehr gerne, wir lieben U.S.-Serien über alles, so dass wir eine Serie nach der anderen wegschauen. Damit wir nicht nur vor dem Fernseher sitzen, haben wir Spiele-Abende wiedereingeführt. Und das ist für mich auch eine totale Entspannung, also so ein Glas Rotwein, und im Moment spielen wir „Die Siedler von Katan“ [lacht]. Ein Sonntagsfrühstück mit der Familie ist für mich Entspannung. Ich brauche nicht dieses „Fünf-Stunden-Wellness-Paradies“, sondern es reicht, zu wissen, dass die Kinder schlafen, dann einmal warm duschen, ein Glas Rotwein ... Herrlich, das ist wie Kurzurlaub [lacht].

Hast du deinen Job als Moderatorin während der Schwangerschaft vermisst?

Ich muss zugeben, dass ich es während der Babypause total genossen habe, überhaupt nichts zu tun [lacht]. Wenn man es gewohnt ist, immer zu arbeiten, dann denkt man, dass man es keine zwei Monate ohne zu arbeiten aushält, aber in der Babypause war es toll, einfach nur zu Hause zu sein, mich um die Kinder, das Zuhause und um das Mittagessen für uns zu kümmern. Aber ich liebe meinen Job, ich arbeite sehr gerne, und ich bin sehr dankbar, dass ich bisher immer schöne Projekte hatte – und da hänge ich mich dann auch voll rein.

Ich danke dir für das tolle Gespräch.

Kategorie: Trends
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