Genuss Jedes Glas ein Juwel
Jedes Glas ein Juwel
Interview mit Juliane Eller
Interview mit Juliane Eller
Text: Michael Eckert / Fotos: JUWEL Weine
Mit der Übernahme des elterlichen Weinguts von rund acht Jahren hat Juliane Eller die Weinherstellung in Berg und Keller komplett auf den Kopf gestellt. Nach dem Motto „Weniger ist mehr“ setzt die studierte Winzerin auf Handlese statt auf Massenproduktion und auf natürliche Methoden der Schädlingsbekämpfung. Am Ende aber, sagt Juliane Eller selbstbewusst, sei es ihr besonderer Schliff, der die edlen Trauben zu echten JUWEL-Weinen macht.
Info – Riesling, Grauburgunder, Weißburgunder. Seit die Winzerin Juliane Eller 2013 das Weingut ihrer Eltern in Ahlsberg übernahm und die Marke JUWEL ins Leben rief, steht der Name für hochwertige trockene Rheinhessen-Weine. Darüber hinaus betreibt sie gemeinsam mit dem Schauspieler Matthias Schweighöfer und dem TV-Moderator Joko Winterscheidt die Weinmarke „III Freunde“ (siehe CHAPEAU 2/2021).
Infos und Bestellungen über juwel-weine.de und dreifreundeweine.de
CHAPEAU — Angeblich hast du anfangs gezögert, das Weingut deiner Eltern weiterzuführen. Was wolltest du denn ursprünglich mal werden?
JULIANE ELLER – Als Kind hatte ich den Wunsch, Schreinerin zu werden. Mit Holz als Naturmaterial zu arbeiten, hat mich fasziniert. Und was es bedeutet, ein Weingut zu führen, habe ich von klein auf erlebt. Meine Großeltern und meine Eltern haben das Weingut Eller aufgebaut. Das ist alles andere als ein easy Nine-to-Five-Job. Wahnsinnig viel Arbeit und kein Wochenende. Meine Schwester und ich sind die nächste Generation, die dieses Handwerk und das Weingut unserer Familie fortführen können. Trotzdem haben unsere Eltern daraus nie ein Thema gemacht.
„Was es bedeutet, ein Weingut zu führen, habe ich von klein auf erlebt.“
Haben dich die Eltern überhaupt nicht gedrängt, den Familienbetrieb weiterzuführen – und hast du irgendwann selbst die Entscheidung getroffen, Winzerin zu werden?
Meine Eltern wissen, was es bedeutet ein Weingut zu führen. Das kannst du nur machen, wenn dein Herz dafür schlägt und du das Ganze lebst – jeden einzelnen Tag. Mit dem Wissen haben sie nie von mir verlangt, Winzerin zu werden und das Familienweingut zu übernehmen. Während eines Praktikums beim Weingut Keller habe ich dann eine für mich neue Art des Weinbaus kennen und lieben gelernt. Das reine Handwerk: die Handlese, extrem qualitätsorientiert. Danach stand für mich fest: Ich werde Winzerin und übernehme das Weingut meiner Eltern. Diese Entscheidung kam damals auch für meine Eltern überraschend, und natürlich hat es sie sehr gefreut.
Hast du die Entscheidung schon mal bereut?
Keinen einzigen Tag.
Du hast den Weinbau studiert. Was war das Wichtigste, das du auf der Uni und nicht von deinen Eltern und im Praktikum gelernt hast?
Weinbau ist ein Handwerk mit viel Theorie. Die habe ich in meinem Studium Weinbau und Oenologie gelernt. Das bildet eine Basis, die unglaublich wertvoll für das Arbeiten mit der Natur ist. Zugleich erfordert diese Arbeit handwerkliches Geschick, eine gute Intuition und Erfahrungen, die du nur in der Praxis lernen kannst. Für mich persönlich am wichtigsten aus meinem Studium sind tatsächlich die Menschen und Freundschaften, die in der Zeit entstanden sind. Der Austausch unter Kollegen und Kolleginnen, das gemeinsame Verkosten der Weine, und, und, und…
Was machst du anders als deine Eltern?
Ich habe von der maschinellen Ernte auf die Handlese umgestellt und auch die Rebsorten deutlich reduziert. Wir haben bei JUWEL Weine seit der Gründung 2013 nur sechs Weine im Sortiment.
Ist die Rückkehr zur Handarbeit mehr als ein modischer Trend?
Absolut! Für mich bedeutet die Handarbeit im Weinbau Leidenschaft, Herz und meinen Anspruch an die Qualität meiner Weine. Ich möchte das kurz erklären: Bei der Handlese geht es vor allem um die selektive Lese. Maschinen würden alles mitnehmen, was am Stock hängt. Bei uns kommt nur in den Eimer, was reif, gesund und unbeschadet ist. Wir lesen die Weintrauben vom Stock, schauen uns jede Traube einzeln an und nehmen nur gesunde und reife Rohdiamanten mit in die weitere Verarbeitung. So regulieren wir natürlich unseren Ertrag. Aber wir ernten konzentrierte, saftige und gesunde Beeren, die mit dem Feinschliff durch die weitere Verarbeitung zu hervorragenden und qualitativ hochwertigen Weinen werden. Mit der grünen Lese bis hin zur Ernte, aber auch mit den anderen Facetten der Handarbeit – dem Rebschnitt, dem Heften der Triebe, dem Ausbrechen von Doppeltrieben – bist du das ganze Jahr über in den Weinbergen zugange. Also dort, wo das entsteht, was später im Glas funkelt. Das alles ist so viel mehr als ein modischer Trend. Und so viel Arbeit es auch bedeutet, für mich ist es das Größte.
Was bedeutet Nachhaltigkeit im Weinbau?
Wir arbeiten naturnah und betreiben nachhaltigen Weinbau. Das bedeutet, wir arbeiten mit natürlichen Mitteln, um unsere Weinreben zum Beispiel vor Schädlingen zu schützen. Als Winzer ist man abhängig von dem Takt, den dir die Natur vorgibt. Als Winzerin sehe ich es als Teil meiner Aufgabe, sowohl gut zu meinen Weinbergen und -reben als auch gut zur Natur zu sein. Nachhaltigkeit ist da ein ganz bedeutender Faktor. Kommt die Natur aus dem Takt, weil wir nicht gut mit ihr umgehen, hat das Auswirkungen auf unsere gesamte Existenz.
Wie macht sich der Klimawandel in Rheinhessen bemerkbar?
Den Klimawandel spüren wir vor allem beim Zeitpunkt der Ernte. Meine Eltern haben meist Ende Oktober, Anfang November geerntet. Wir ernten je nach Lage mittlerweile schon Anfang September. Der Austrieb liegt früher im Jahr, und so können beispielsweise die Maifröste oder starke Unwetter deutlich mehr Schaden anrichten.
Welche Weinsorte baust du bevorzugt an?
Meine allerliebste Rebsorte ist der Riesling! Das ist die Königin unter den Weißweinen, denn Riesling gehört zu den hochwertigsten Gewächsen. Kaum eine andere Rebsorte wächst vor allem hier in Rheinhessen so gut. Wenn wir Kunden und Gästen bei uns auf dem Weingut Riesling anbieten und der dann zunächst abgelehnt wird, weil Riesling doch so viel Säure habe, bereitet es mir immer eine große Freude, nach der Verkostung in überraschte und zufriedene Gesichter blicken. Und zu hören, dieser Riesling sei irgendwie ganz anders, herrlich frisch und saftig.
Wie bist du auf den Namen „JUWEL“ gekommen?
Der Ursprung meiner Marke JUWEL-Weine liegt in einem Zusammenspiel aus meinem Vor- und Nachnamen und unserem Produkt Wein. JU(liane) und EL(ler), verbunden mit dem W für Wein. Das war ein Gedankenblitz im Weinberg. Und als der Zeitpunkt für die Namensfindung meines eigenen Weines gekommen war, haben wir das genauso gemacht.
Mit dem Namen als Basis und mit meiner Art zu arbeiten – dem Handwerk, meiner individuellen und persönlichen Handschrift – ist dann meine Philosophie entstanden: Unsere Trauben reifen zu Rohdiamanten heran. Doch erst durch den Feinschliff, den wir ihnen verleihen, werden sie zu dem, was sie ausmacht: ein JUWEL.
Welchen Wein trinkst du persönlich am liebsten?
Riesling und Spätburgunder.
„Bei uns kommt nur in den Eimer, was reif, gesund und unbeschadet ist.“
Das Jahr 2021 hat kühl und sehr regnerisch begonnen. Lässt sich schon abschätzen, wie der Jahrgang in diesem Jahr wird?
Im Frühjahr haben wir tatsächlich ganz schön gezittert. Und zwar im wahrsten Sinne… Für ein Projekt habe ich mich an der Mosel aufgehalten. Die Nächte dort lagen deutlich im Minusbereich. Ich war jeden Morgen früh wach, um mit meinem Vater in Alsheim zu telefonieren und zu fragen, wie es bei uns in den Weinbergen aussieht. Wenn der Austrieb schon begonnen hat und wir dann noch einmal Frost bekommen, kann es das schon gewesen sein mit dem Jahrgang 2021. Das haben wir aber zum Glück alles gut überstanden.
Aktuell haben wir extremen Niederschlag. Das ist gut und wichtig, da die letzten Jahre sehr trocken waren. Wir sind zehn Tage später als letztes Jahr. Es bleibt also spannend, denn kein Jahr ist wie das andere. Jedes Jahr hat seinen ganz eigenen Lauf, und darin liegt für mich auch der Reiz.
Was ist dein größter Wunsch für die restlichen Monate bis zur Lese – und dann für das kommende Weinjahr?
Dass unsere Trauben in den Weinbergen zu saftigen und gesunden Rohdiamanten heranwachsen. Das wir von Hagel, Starkregen und Unwetter verschont bleiben und wir irgendwann ab Mitte September eine wunderbare Ernte einfahren können.