Kultur KANADA
KANADA
Wer Kanadas Westen erkunden möchte, kommt um viele Stunden im Auto nicht herum. Zum Glück ist die Kulisse meist so imposant, dass bereits die Fahrten absolute Highlights abgeben. CHAPEAU-Mitarbeiter Torsten Könekamp absolvierte diese Rundreise in 14 Tagen. Sein Rat: Wer mehr Zeit hat: sollte weitere Abstecher einlegen. Es lohnt sich.
©Destination Canada - Moraine Lake
Spektakuläre Landschaften, wilde Tiere und coole Städte: Unser Roadtrip durch Kanadas wilden Westen beginnt in Vancouver. Wir verlassen die Stadt in Richtung Osten auf dem Trans-Canada Highway. Rund 200 Kilometer von Downtown entfernt kommt im Manning Provincial Park das erste Mal so richtig Kanada-Feeling auf. Die waldreiche Landschaft ist gespickt mit Seen und Flüssen. Erschließen lässt sie sich über eine kurvenreiche Straße, die auf einer Länge von 55 Kilometern durch den Park führt. Jenseits des Asphalts laden Wanderwege zu weiteren Entdeckungen ein. Rund 60 Säugetierarten sind in dem Schutzgebiet beheimatet, darunter auch Grizzlys. Herzstück ist der Lightning Lake, auf dem es sich auch hervorragend Paddeln lässt. Bei gutem Wetter lohnt sich ein Ausblick vom Cascade Lookout – im Park gibt’s sowohl Campingplätze als auch eine Lodge.
©Destination Canada - Glacier National Park
©Destination Canada - Banff National Park
Weiter geht’s auf dem Highway 3 gen Osten und dann über den Highway 97 in Richtung Okanagan Valley. Die Landschaft zwischen den Monashee und Cascade Mountains begeistert mit etlichen Badeseen und angenehm mildem Klima. Die Vegetation besteht überwiegend aus Kakteen und Kiefern. Dank der Bewässerung kann man hier auch große Obstbäume pflanzen und Aprikosen, Pfirsiche, Äpfel und Kirschen ernten. Und: Das Okanagan Valley ist das berühmteste Weinanbaugebiet Kanadas. Ob Bauernhöfe oder Weingüter: Entlang des Highways 97 können Sie reichlich kulinarische Spezialitäten genießen. Wer etwas mehr Zeit hat, sollte die abgelegenen Wege jenseits des Trans-Canada Highways nutzen. Statt auf direktem Wege über Vernon und Sicamous in Richtung Revelstoke aufzubrechen, geht es über den Highway 6 nach Naskup und Nelson. Der Weg führt vorbei an reißenden Flüssen, lang gezogenen Seen und dichten Wäldern, hinein in den Südwesten des Landes. Kaum ein Auto begegnet uns hier. Mit dem Städtchen Nelson wartet am Ende der Route ein wunderbar kleiner Ort mit netten Geschäften und schnuckeligen Cafés wie das „Oso Negro“. Nelson ist auch ein beliebter Ausgangspunkt für Touren in das umliegende Selkirkgebirge, den Kokanee Glacier Park oder den Purcell Wilderness Park.
©Destination Canada - Jasper National Park
Ein Trip durch den kanadischen Westen mit Mietwagen oder Wohnmobil ist ein gigantisches Abenteuer.
Die Nationalparkroute in Kanadas Westen beginnt mit dem Mount Revelstoke National Park. Das kleine Schutzgebiet profitiert vor allem von der günstigen Lage vor den Toren der wesentlich größeren Parks und der guten touristischen Infrastruktur der Ortschaft Revelstoke. Hier schlagen viele Reisende gleich für mehrere Tage ihre Zelte auf, um sowohl den Mount Revelstoke als auch den benachbarten Glacier Nationalpark zu erkunden. Allerdings ist die kurvenreiche Straße Meadows im Sky Parkway nur im Sommer befahrbar. Sie bringt Reisende auf 1500 Meter Höhe bis in die Nähe des Gipfels vom Mount Revelstoke. Shuttle-Busse oder Wanderwege erschließen die restlichen knapp 300 Höhenmeter. Von hier aus haben Sie einen tollen Rundumblick auf den Columbia River und auf teils vergletscherte Bergspitzen. Wer fit ist, sollte sich die Zeit nehmen und zu einem der drei idyllischen Bergseen wandern.
Der berühmte Rogers Pass führt mitten durch den Glacier National Park. Geprägt ist die Landschaft von Bergflanken, Wasserfällen und Talschluchten und den über 400 Gletschern, die dem Gebiet seinen Namen geben. Auf einer Fläche von 1350 Quadratkilometern ist zudem Flora und Fauna so abwechslungsreich, dass man sich für diesen Abschnitt mindestens zwei Tage Zeit nehmen sollte. Wanderer finden ein wahres Eldorado und müssen nur noch wählen, wonach ihnen der Sinn steht. Auf dem Bostock Creek Trail lassen sich die dichten Wälder der Columbia Mountains erwandern, die vergletscherten Berggipfel auf dem Glacier Crest Trail und die wunderschönen Bear Falls auf dem Bear Creek Falls Trail. Wer Bären in freier Wildbahn beobachten möchte, kann sich in Gruppen von mindestens sechs Personen auf den Balu Pass Trail begeben, der mitten durch Bärengebiet führt.
Der Name ist Programm. „Yoho“ drückt in der Sprache der Cree-Indianer die Ehrfurcht vor der Natur aus und lässt sich auch schlicht mit „Wow“ übersetzen. Der Nationalpark im Ostteil der Rocky Mountains ist mit 1310 Quadratkilometern Fläche für kanadische Verhältnisse zwar recht klein, hat aber alles, was die natürliche Schönheit der Region ausmacht: schroffe Felshänge, die sich in türkisfarbenen Bergseen verlieren, rauschende Wasserfälle und Wildblumenwiesen. Die beiden Kerngebiete bilden die Flusstäler des Kicking Horse River und des Yoho River. 28 Berggipfel jenseits der 3000 Höhenmeter sorgen für eine atemberaubende Kulisse, die mit 400 Wanderkilometern gut begehbar ist und neben dem malerischen Emerald Lake auch die zweithöchsten Wasserfälle Nordamerikas aufweist.
©Destination Canada - Pacific Rim
Mittlerweile verlassen wir den Bundesstaat British Columbia und kreuzen die Grenze zum Nachbarstaat Alberta. Hier liegen mit Banff und Jasper die beiden wohl bekanntesten Naturschutzgebiete Kanadas direkt nebeneinander. Banff, 1885 gegründet, ist der älteste Nationalpark und fasziniert jedes Jahr Millionen von Besuchern. Ikonische Berglandschaften oder die Seen Moraine Lake, Lake Louise und der unwirklich türkisschimmernde Peyto Lake machen Banff zu einem absoluten Muss auf jeder Rundreise durch Kanada. Obwohl er mit einer Fläche von über 6000 Quadratkilometern zu den größten Schutzgebieten in den Rocky Mountains gehört, kann es in den Sommermonaten auf den Campingplätzen voll werden. Es empfiehlt sich, vorab einen Platz zu reservieren – oder in der Nebensaison (Mai und September) zu reisen. Kleiner Tipp: Die Wanderwege, zum Beispiel auf den Sulphur Mountain, werden gegen Nachmittag angenehm leer.
©Destination Canada - Vancouver
Gleich neben dem Banff erstreckt sich Jasper mit einer Gesamtfläche von knapp 11.000 Quadratkilometern. Das riesige Schutzgebiet gleicht einer landschaftlichen Wundertüte: von markanten Berggipfeln wie der vergletscherten Pyramide des Mount Columbia über subalpine Wälder bis hin zu den frostigen Welten des Columbia-Eisfeldes gibt es hier alles zu sehen. Trotz der schieren Größe lässt sich der Park gut erkunden. Viele Reisende wählen das touristisch gut erschlossene Städtchen Jasper im Herzen des Nationalparks als Ausgangspunkt für ihre Trips. Die wichtigsten Aussichtspunkte lassen sich bequem mit dem Auto erreichen. Der Großteil des Gebiets ist allerdings nur zu Fuß, per Kanu oder auf dem Pferderücken zu erkunden. Wir bleiben deshalb einige Tage hier und lassen uns auch das Rafting-Abenteuer auf dem Athabasca River nicht entgehen.
Mit „Yoho“ drücken Cree-Indianer ihre Ehrfurcht vor der Natur aus.
@Destination Canada - Vancouver
©Destination Canada - Victoria Hafen
Hinter dem Jasper-Park kehren wir den Rocky Mountains den Rücken und fahren weiter Richtung Küste. Der nächste Stopp ist die Kleinstadt Clearwater und damit auch der Wells Gray Nationalpark – geologisch der interessanteste im Westen Kanadas. Ruhende Vulkane, Basaltkegel und Mineralfelder wechseln sich hier mit dichten Wäldern ab – und einigen der schönsten Wasserfälle Nordamerikas. Erst kürzlich wurde hier ein großes, bislang unbekanntes Höhlensystem entdeckt, das für Besucher allerdings noch nicht zugänglich ist. Wir biegen vom Yellow Head Highway in das Tal des Clearwater River ab und gelangen zu einem reizvollen Campingplatz direkt am Clearwater Lake. Der ist von erkalteten Lavaströmen umgeben und lässt sich prima auf einer zu Paddeltour erkunden.
Zwischen Wells Gray und Whistler wird die Landschaft lieblicher. Die schneebestäubten Gipfel weichen der ausgedehnten, meist halbtrockenen Fläche des Thompson Valley. Wer nicht den ganzen Tag im Auto sitzen möchte, kann rund um die Stadt Kamloops noch eine Nacht verbringen, zum Beispiel an der Seenplatte Shuswap. Wir fahren durch bis nach Whistler. Der Ort mitten in der spektakulären Hochgebirgslandschaft der Coast Mountains zählt zu den bekanntentesten Wintersportplätzen Nordamerikas. Aber auch im Sommer lohnt sich der Trip. Seilbahnen bringen Wanderer und Mountainbiker in luftige Höhen, wo sie herrliche Touren unternehmen können. Whistler selbst gleicht einem alpenländischen Feriendorf. Wer es ruhiger mag, folgt dem Highway 99 nordwärts in die Coast Mountains oder besucht im Südosten von Whistler den landschaftlich reizvollen Garibaldi Provincial Park.
Von Whistler sind es nur noch 120 Kilometer bis nach Vancouver. Wer also sein Zeitlimit bereits erreicht hat, kann gemütlich zurück in die Metropole fahren. Wer von spektakulären Landschaften nicht genug bekommen kann, lässt Vancouver links liegen und begibt sich auf ein letztes Abenteuer: Vancouver Island. Es gibt mehrere Möglichkeiten, mit der Fähre vom Festland aus überzusetzen. Wer den Großstadtverkehr umgehen möchte, wählt die Küstenroute bis Powell River und landet in der Inselmitte – in Comox. Auf Vancouver Island allein lassen sich mühelos zwei Wochen verbringen. Unbedingt sehen sollte man den Pacific Rim National Park an der Westküste und die beschauliche Inselhauptstadt Victoria mit ihren Hausbooten.
©Destination Canada - Emerald Lake
Parks, Museen und Szeneviertel. Wie jede Metropole hat auch Vancouver viele Gesichter. Wer nicht allzu viel Zeit in der Stadt verbringen möchte, sollte einfach durch die verschiedenen Stadtviertel fahren. Das historische Gastown liegt im Zentrum von Vancouver. Wahrzeichen des einstigen Handels- und Finanzzentrums ist die berühmte Dampfuhr. Besonders in den Abendstunden erwacht Gastown zum Leben, wenn die Restaurants und Kneipen im schummrigen Licht der alten Straßenlaternen zum Essen einladen. Ebenfalls sehr gemütlich ist der etwas kleinere Bezirk Yaletown. Das pulsierende Leben spielt sich in den Geschäften, Restaurants und Cafés auf der Denman Street und Davie Street ab. Südlich von Downtown befindet sich unterhalb der Granville Bridge das trendige Granville Island. Wo einst kleine Fabriken und Sägewerke standen, sind in den letzten Jahren Galerien, Theater und der Granville Public Market eingezogen.
Mietwagen oder Wohnmobil? Mit welchem Fahrzeug man durch Kanada reist, hängt natürlich von den eigenen Wünschen und Vorstellungen ab. Ein Wohnmobil bietet auf jedem Campingplatz ein bequemes Bett samt Küche und einem eigenen kleinen Bad. Dafür muss man andere Einschränkungen hinnehmen. Mit einem Wohnmobil kann man nicht jede Straße befahren und es gibt auch weniger Stell- und Parkplätze. Mit einem Mietwagen ist man unterwegs flexibler, und wer ein Zelt und Camping-Equipment einpackt, ist genauso unabhängig wie mit dem Wohnmobil. Mit einem Zelt kann man in Kanada nämlich auch in sogenannten Backcountry Zones campen. Außerdem kann man natürlich auch mal in einem coolen Hotel oder in einer gemütlichen Lodge absteigen.
Von Deutschland aus fliegt man mindestens acht Stunden nach Kanada. Von Frankfurt und München können Sie Ihren Flug mit Lufthansa oder Air Canada antreten, British Airways fliegt über London. Einige Preisbeispiele: Frankfurt – Calgary hin und zurück kostet ungefähr 860 Euro, für den Flug ab Frankfurt bis Vancouver oder Edmonton zahlt man ungefähr 1100 Euro hin und zurück.