Stil Kannste knicken!

Kannste knicken!

„Foldabels“ heißt das Zauberwort, und die Innovation liegt in der Bauform: Faltbare Smartphones sind das neue große Ding – hoffen zumindest die Hersteller. Wir haben uns einige Geräte angeschaut.

Text: Torsten Könekamp

Das Samsung Galaxy Z Flip 3 erfüllt den Wunsch vieler Nutzer: Ein Gerät mit großem 6,7-Zoll-Display, das dennoch in jede Hosentasche passt. Foto: Samsung

Größeres Display, aber kleines Packmaß. Das klingt praktisch und ist es auch. Wer mit seinem neuen Smartphone herausstechen möchte, greift zum Foldable. Faltbare Smartphones sind eine junge Geräteklasse, Ende 2018 kam das erste Modell auf den Markt. Mit der dritten Generation wurden Foldables alltagstauglicher, robuster und nützlicher. Im Wesentlichen gibt es zwei Sorten: In der Größe mit herkömmlichen Smartphones vergleichbare Geräte werden nach dem Zusammenklappen besonders klein und handlich, andere Falter wachsen durchs Aufklappen schon zum Tablet-Format. 

In der ersten Kategorie gibt es mit dem Galaxy Z Flip3 5G von Samsung und dem Motorola Razr 5G nur zwei Modelle. Aufgeklappt haben beide normale Smartphone-Größe. Schließt man sie, sind sie nur noch halb so lang. Obwohl beide Handys dann ein wenig dicker auftragen, verschwinden sie in jeder Hosentasche. Das Auflegen nach einem Telefonat durch Zuklappen erinnert an die gute alte Zeit der ersten Klapphandys. 

Technisch ist das Flip dem Razr überlegen. Es besitzt den stärkeren Prozessor, mehr Speicher und bessere Kameras. Das Motorola sammelt dafür mit dem größeren und praktischeren Frontdisplay Punkte. Das Erbe des Kulthandys Razr aus den 1990er Jahren nimmt das Foldable sowohl mit dem markanten Kinn als auch der Software auf. Der Straßenpreis beider Smartphones liegt knapp unterhalb von 1000 Euro. 

Die wahre Pracht des Samsung Galaxy Z Fold 3 zeigt sich im aufgeklappten Modus – hier hat man das Gefühl, ein kleines Tablet in der Hand zu halten. 
Foto: Samsung

Modelle mit großen Displays

Bei diesen Geräten wird das Smartphone nicht durchs Falten verkleinert, sondern aufgeklappt, um die doppelte Displaygröße zu erreichen. Smartphone und Tablet sollen sich in einem Gerät vereinen. Ein solches Konzept verfolgte zunächst auch der chinesische Hersteller Huawei: Das biegsame Display saß außen, im zusammengeklappten Zustand war nur der nach vorn gerichtete Teil aktiv, nach dem Aufklappen die komplette Fläche. Eine charmante Idee, die ohne ein zusätzliches Display für die Außenseite auskommt. Im Alltag erwies sich die Bauform aber als nicht praktikabel. Die flexiblen Displays sind einfach zu fragil, um etwa in einer Tasche die ständige Berührung mit Gegenständen schadlos zu überstehen. Mit dem Mate X2 wechselte Huawei auf das Konzept mit innen liegendem Biegebildschirm und Extra-Display außen. Das Mate X2 wurde allerdings nie offiziell in Deutschland verkauft. 

Die derzeit sicherste Wahl für ein großes Foldable ist das Samsung Galaxy Z Fold3 5G. Samsung versteckt den faltbaren Bildschirm innen und ergänzt ihn durch ein längeres Außendisplay an der Vorderseite. Für schnelles Mailen, Lesen oder Fotos reicht das kleinere Display völlig aus, man muss nicht für jede Kleinigkeit das Smart- phone aufklappen. Samsung verspricht, dass der Mechanismus mindestens 200.000 Klappvorgänge aushalten soll. Die Kameras sind zwar nicht so gut wie bei aktuellen Top-Smartphones, schießen aber brauchbare Bilder. 

Auch Microsoft hat einen Zeh in den Teich der Falt-Smartphones gesteckt. Mit dem Surface Duo und dem Nachfolger Surface Duo 2 versucht es der Softwareriese aus Redmond auf andere Art als die Konkurrenz: Statt eines fragilen biegsamen Displays verwendet er zwei handelsübliche Screens, die von einem 360-Grad-Scharnier zusammengehalten werden.
Das klingt trickreich, birgt aber Nachteile: Die Lücke zwischen den beiden Bildschirmen ist nicht komplett zu schließen und blendet Inhalte aus. 

Ohne Außendisplay muss man das Duo grundsätzlich für alle Dinge erst öffnen, sogar zum Annehmen eines Anrufs. Die innen sitzende Kamera war im ersten Surface Duo schlicht und einfach überfordert, die außen sitzende im Duo 2 bietet auch nur etwas bessere Bildqualität. Zusammen mit den Softwareschwächen, die Microsofts Android-Oberfläche seit rund einem Jahr mitschleppt, sind die Falt-Surface-Geräte nur für echte Microsoft-Fans interessant. 

Was machen die anderen?

Das chinesische Unternehmen Oppo hat vier Jahre lang sein erstes Foldable entwickelt. Das Oppo Find N soll noch im ersten Quartal diesen Jahres auf den Markt kommen. Die Bauform ähnelt dem Z Fold, deutlich anders zeigt sich das Format: Das Außendisplay des Oppo ist mit 18:9 eher breit als gestreckt, der innenliegende Bildschirm quadratisch. Das Find N gibt’s bisher nur in China, dürfte aber den Sprung nach Europa schaffen. 

Das Xiaomi Mi Mix Fold, das mit einem 5000 mAh starken Akku ausgestattet ist, wird bisher nicht in Deutschland verkauft.

Auf sich warten lassen auch Faltgeräte von Apple und Google. Sowohl das erste Falt-iPhone von Apple wie auch das Pixel Fold sind bislang nur Objekte von Gerüchten und Wunschträumen. Bei der Software jedoch kommt Google bereits eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Foldables zu. Gut zehn Jahre nach Android 3.0 Honeycomb schrauben die Google-Entwickler wieder an einer eigenen Version des Betriebssystems für Geräte mit großen Bildschirmen. Das neue Android ist explizit für Tablets und Foldables gedacht und soll dafür sorgen, dass der Platz auf den großen Displays ausgenutzt wird. Etwa mit verbessertem Multitasking und anderer Aufteilung der Bildschirminhalte. Mit der angepassten Android-Version als Unterbau dürften auch die Oberflächen, die die Hersteller über das System stülpen, künftig mehr aus dem Faltformat herausholen können. Einen Starttermin gibt’s allerdings noch nicht. 

Gute Kamera, großes Display, starker Prozessor und 5G: Technisch ist das Surface Duo 2 von Microsoft ein starkes Klapphandy zwischen Mini-Notebook und Smartphone. 
Foto: Microsoft

Fazit: Es gibt gute Gründe, warum Klapp- oder faltbare Smartphones bislang ein Nischenprodukt bilden. Sie sind unverhältnismäßig teuer, die aufwendige Mechanik macht sie reparaturanfälliger, und sie ersetzen trotz aller anderslautender Versprechen kein Tablet. Dennoch werden die Geräte schon in diesem Jahr eine größere Rolle spielen. Glaubt man den Analysten von Display Supply Chain Consultants (DSCC), ist das Galaxy Z Flip3 5G derzeit der Verkaufsschlager unter den Foldables. Das passt zumindest zu der ersten Einschätzung des Herstellers: Zum Verkaufsstart im vergangenen August hatte Samsung Zahlen für die Vorbestellungen genannt. Rund 920.000 Bestellungen innerhalb einer Woche seien seinerzeit für Fold und Flip eingegangen. Der gesamte Markt für Foldables legte im Jahr 2021 kräftig zu. Für 2022 wird eine Steigerung der verkauften Foldables auf über 18 Millionen Exemplare erwartet. 

Mit dem Find N hat Oppo sein erstes Falthandy vorgestellt. Wer gerne Videos guckt, wird die Größe und Qualität des Bildschirms zu schätzen wissen. 
Foto: Oppo

Kategorie: Stil
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