Genuss „Ich will zu den Besten der Branche gehören.“

„Ich will zu den Besten der Branche gehören.“

Interview mit Kevin Gideon

Die Eröffnung des Restaurants Kevin Gideon in der Oldenburger Innenstadt bereichert die Gastronomieszene der Stadt noch einmal enorm. Die Gäste erfreuen sich an sorgfältig zusammengestellten und zubereiteten Menüs von drei bis zu sechs Gängen, die auf Wunsch auch vegetarisch serviert werden. Bis zur Auszeichnung mit einem Michelin-Stern ist es wohl nur eine Frage der Zeit, zumal auch die aufwendig erneuerten Räumlichkeiten des Restaurants ein modernes, familiäres und zugleich stilvolles Ambiente bieten. „Klasse statt Masse“ lautet das Motto, und die Qualität wird auch mit der Verwendung hochwertiger Lebensmittel aus der Region sichergestellt. Aus Anlass der Eröffnung fragten wir Kevin Gideon, wie er zu seinem persönlichen Weltbild des Kochens gekommen ist.

Text: Arash Farahani / Fotos: Contentley Media

CHAPEAU — Wann hast du die Leidenschaft fürs Kochen und die Kulinarik entdeckt?

KEVIN GIDEON – Neben der Schule. Ich bin relativ früh zuhause ausgezogen und habe schnell feststellen müssen, wie teuer das Leben ist. Ich musste schnelles Geld machen. Drogen zu verkaufen, kam für mich nicht in Frage. Stattdessen habe ich die „Droge“ Gastronomie kennengelernt. Der Rausch dauert nun schon 13 Jahre, und ich habe noch lange nicht genug. 

An welchem Punkt schlug es um zur Berufung?

Ich habe früh gemerkt, dass ich irgendwann mein eigenes Ding machen will. Schon in der Ausbildung ist die Vision vom eigenen Restaurant entstanden, und über die letzten Jahre ist da ein Schuh draus geworden. Mir ist klar geworden, wenn man sein Ziel im Blick hat und selbst felsenfest davon überzeugt ist, kann man alles schaffen. 

Worin siehst du deine Lebensaufgabe?

In erster Linie darin, auf meine Familie aufzupassen, meiner Frau treu bis ans Ende zur Seite zu stehen, unserer Tochter ein gutes Leben zu ermöglichen und für meine Eltern und Großeltern zu sorgen, wenn sie es selbst nicht mehr können. In zweiter Linie aber darin, Spaß zu vermitteln. Alles in meinem bisherigen Leben habe ich getan, weil ich Bock darauf hatte. Das bringe ich auch jedem in meinem Umfeld bei; meiner Tochter, meiner Frau, meiner Familie, aber auch meinen Mitarbeitern, Azubis und meinen Gästen: Genießt das Leben, macht das, worauf ihr Lust habt. Die Sorgen kommen ohnehin ganz automatisch. Kostet den Moment aus. 

Wie hältst du deine Motivation hoch – und was zieht dich runter?

Meine Motivation bleibt konstant auf einem Level. Wenn ich etwas will, schaffe ich das auch – egal wie lange es dauert, wie schwer der Weg oder wie umständlich er zu gehen ist. Ich bin da wie ein Hund im Blutrausch. Ich habe ein Lebensziel. Ich will zu den besten unserer Branche gehören, und daran arbeite ich jeden Tag. Somit reißt die Motivation niemals ab. Was mich runterzieht, ist die Nachlässigkeit mancher Menschen. Aber nur für einen kurzen Moment. Dann denke ich mir meinen Teil über die Person – und weiter geht’s. 

Ist dir kein Ziel zu hoch? 


Ich habe jedenfalls nicht das Ziel, mein Level zu halten. Es geht darum, jeden Tag besser zu werden und fachlich wie auch als Person an dem Projekt zu wachsen. 

Wie charakterisierst du einen Genießer?

In meinen Augen ist das ein Mensch, der keinen Wert auf Oberflächlichkeit legt. Ein Genießer ist kultiviert und interessiert. Er legt Wert auf schöne Dinge – aber nicht, um damit anzugeben, sondern um sie in dem Moment für sich zu haben. Er tut was er will, wann er will und so intensiv er will. In meinen Augen ist ein Genießer ein Lebemensch, der zu jeder Zeit aus jeder Situation das Optimum herausholen kann. 

Du bist in Brandenburg geboren und aufgewachsen. Hast du hier im Norden eine regionale Spezialität für dich entdeckt?

Ich liebe Grünkohl! 

Was war deine schlimmste Küchenpanne?

(Grinst) Das war damals in Borkum, im Restaurant Kalaboush. Wir hatten ein Buffet und nebenbei einen Kritiker vom Guide Michelin im Haus. Leider ist beides in die Hose gegangen. Das Buffet war schon leergegessen, als die Hälfte der Gäste noch nichts auf dem Teller hatte. Der Herr vom Michelin hat das mitbekommen und meinte, wir sollten erst einmal die eine Baustelle beheben, bevor wir die nächste angehen. 

Hast du eine heimliche Leidenschaft?

Ich bin ein pingeliger Ordnungsfreak. Ich hasse es, wenn irgendwer irgendwo etwas liegen lässt. 

Was bedeutet für dich Nachhaltigkeit in der Küche?

Alles vom Tier zu verwenden, und nicht nur die ,,Edelteile‘‘. Wenig Abfall produzieren, kurze Transportwege und – ganz wichtig – alles mit Respekt und Wehmut angehen. Man sollte sich immer vor Augen halten, dass alles mal ein Leben hatte, das es nur für unseren Genuss hergegeben hat. Wenn man das nicht berücksichtigt, hat man in der Küche nichts verloren.

Mit wem würdest du gern noch mal einen Tag in der Küche verbringen?

Mit meinem Opa, der leider viel zu früh von uns gegangen ist. Ich würde mir von ihm etwas kochen lassen und mich in die Kindheit zurückversetzt fühlen. Er könnte seine Enkelin kennenlernen und wir würden die Küche auf links drehen. Aber natürlich erst, wenn das Kind im Bett ist (grinst). 

Was ist dein Lieblingsfisch – und wie sollte er zubereitet werden?

Die Makrele. Kurz gebeizt, dann kurz geflämmt, that‘s it. 

Hast du auch ein Lieblingsgetränk?

Kaffee. Blond und süß wie meine Wenigkeit. 

Wie überzeugt man heute junge Menschen von einer Ausbildung in der Küche?

Einerseits mit Bezahlung und Freizeit. Aber auch unsere Führungsfähigkeiten sind gefordert. Wir müssen aufhören, Azubis als billige Arbeitskräfte zu sehen. Leider sehe und höre ich immer wieder, dass über Azubis gesprochen wird wie über Sklaven. Wir müssen wieder mit Respekt ausbilden und einen Azubi auch so behandeln. Es kann nicht sein, dass ein Azubi wie ein Geselle eingespannt und gefordert wird, aber unterirdisch bezahlt und behandelt wird. 

Welchen kulinarischen Trend findest du spannend?

Ich bin kein Fan von Trends, ich finde alles spannend. 

Restaurantbewertungen im Internet: Fluch oder Segen?

Fluch. Geschmack und Empfinden sind immer subjektiv und individuell unterschiedlich. Was dem einen nicht passt, kann dem anderen gefallen. Essen, Trinken und die Atmosphäre eines Restaurants pauschal für alle zu bewerten, ist schwierig bis unmöglich. 

Herzlichen Dank für das Gespräch.

Restaurant Kevin Gideon
Heiligengeistwall 9 26122 Oldenburg
Tel: 0441 1800 50 66 kevingideon.de 

Kategorie: Genuss
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