Ob es danach noch eine Bar sein darf (bei mir: immer!), liegt bei Ihnen. Und liegt es Ihnen, dann sollte es am Odeonsplatz die „Les Fleurs du Mal“ sein. Weiß man, dass es sich hierbei um eine weitere Charles Schumann-Gründung handelt, überrascht die Kür zur „besten Bar Deutschlands“ keineswegs. Auch die aufgerufenen Preise weiß man dann souverän zu nehmen. Problematischer erweist es sich, den richtigen Weg zu nehmen. In der altbekannten „Schumanns Bar“ frage ich einigermaßen ratlos den Bartender – um zu erfahren, es gehe bloß die Treppe rauf, hinauf in den ehemaligen Rauchersalon. Oben angelangt, muss ich feststellen: Das ist ja mal was! Très japonais, très chic. Man sitzt sehr tief, japanisch eben, an einem einzigen, neun Meter (!) langen Tisch, dessen Holz, nein, dessen Spender, den Baum, Charles der Große, selbst ausgesucht hat. Ja, Henning, der Bar-Chef, mit dem ich rasch ins Gespräch komme, kann was. Meine immer gleiche Bitte um einen „Prince of Wales“ kontert er mit einem „Clover Club“. Gin, Wermut, Himbeeren und Champagner. Und in all dem Braun und tiefdunklem Lila bin ich auf einmal Don Draper und höre Acker Bilks „Stran- ger on the shore“ ... Tatsächlich höre ich nichts, denn für Schumann ist „kultiviertes Trinken“ nicht nur ein Trend, sondern ein Hochamt. Und da haben Musik oder ein DJ nichts verloren. Gar nichts.
Voller froher und dankbarer Gefühle nähere ich mich dem „Cortiina“. Um sofort angesichts der hoteleigenen „Grapes“ Weinbar das Erwachen heiterer Empfindungen bei der Ankunft zu Hause zu verspüren (der Bildungsbürger unter den Lesern bemerkt sofort, dass ich zu fortgeschrittener Stunde durchaus noch im Stande bin, Beethovens Satzbezeichnungen der 6. Sinfonie zu zitieren). Ein Paradies für Weinliebhaber, ein Paradies für mich! Raritäten, auch offen, Neuentdeckungen, Bewährtes, auf Wunsch flankiert von Kleinigkeiten aus der respektablen Küche, machen diese Weinbar so ziemlich sofort zum Lieblingsplatz. Um der Wahrheit Rechnung zu tragen: an zweiter Stelle, direkt nach meinem Bett.
Dass ich anderntags gleich wieder in der Weinbar den Tag beginne, sollte Ihnen keinerlei Sorgen bereiten, denn dort wird das Frühstück gereicht. Sie wissen: Kaffee und Saft für mich, Omelett, Lachs, Eggs Benedict können mir gestohlen bleiben – sehen aber verführerisch aus. Schon auffällig anders, was da vorbeigetragen wird. So ist der Lachs beispielsweise in Blöcke und nicht in Scheiben geschnitten. Kurz spiele ich mit dem Gedanken, das Landei zu geben und das eine oder andere Pfund für die Reise einzupacken, bleibe aber ich selbst ...
Um 17:36 Uhr geht ab München der einzige durchgehende Zug zurück. Nach Oldenburg. Was heißt das? Richtig. Oktoberfest.
„Käfers Wies’n Schänke“ lässt mich – ohne Reservierung – ein (was ans Wunderbare grenzt), und gleich fühle ich mich wie zu Hause. Zum einen, weil das teure Bier einfach himmlisch schmeckt, zum anderen, weil mein Oldenburger Lieblings-Werbekunde in Sichtweite sitzt. Und Kalle Schwensen ist auch da. Alle zeigen sich von ihrer besten Seite (was niemandem auch unter anderen Umstän- den schwerer gefallen wäre), der legendären Rehrücken lässt mich meinen nicht gestohlenen Lachs vergessen, und, wie befürchtet, ende ich doch noch auf dem Sofa meiner Eltern.
Eines ist jedenfalls sicher: Das wird Ihnen nicht passieren!