Kultur FASZINATION NEPAL TEIL 2
FASZINATION NEPAL TEIL 2
Teil 2: auf dem Poon Hill Trek
Im zweiten Teil ihres Himalaya-Abenteuers erkunden die Oldenburger Weltreisenden Friederike von Krosigk und John B. Nielsen eine weitere Route im exotischen Wunderland Nepal. Eine neuerliche Begegnung mit riesigen Bergmassiven, einer ursprünglichen Natur und gastfreundlichen Menschen.
Pläne sind dazu da, um über den Haufen geworfen zu werden. Eigentlich wollten wir uns nach einer Übernachtung in Aarghurat gleich am nächsten Tag im Jeep nach Pokhara fahren lassen, aber in Nepal sind regierungskritische Demonstrationen angekündigt, und es wurden Ausgangssperren für Überlandfahrten verhängt. Auf diese Weise will die Regierung verhindern, dass sich die Demonstrationen über das ganze Land ausbreiten. Wir müssen also noch einen Tag in Aarghurat verbringen und machen aus der Not eine Tugend. Genussvoll erkunden wir die Stadt mit ihren tollen Geschäften, in denen unterschiedlichste Gewürze, Hülsenfrüchte, Chillis und Nudeln in riesigen Säcken ausgestellt sind. So geht es erst am nächsten Tag, dem 15. März, nach Pokhara. Die Reifen des Jeeps haben ein deutlich besseres Profil als auf unserer ersten Fahrt, aber die Stoßdämpfer sind miserabel. Wir hoppeln über zahlreiche Serpentinen, durchqueren Terrassenlandschaften und passieren diverse kleinere und größere Ortschaften. Am Nachmittag erreichen wir Pokhara. Die Stadt liegt ziemlich genau in der Mitte des Landes, etwa 200 Kilometer von der Hauptstadt Kathmandu entfernt, und ist mit rund 310.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Nepals. Ihre Lage am blau glänzenden Phewa-See und die Aussicht auf den Himalaja-Hauptkamm bieten eine beeindruckende Kulisse, aber nach unseren archaischen Eindrücken in der Manaslu-Region kommt uns die Stadt ungewohnt touristisch und kommerziell vor. Uns dient Pokhara in erster Linie als Ausgangspunkt für unseren nächsten Trip: den Poon Hill Trek.
Diese Expedition soll uns nunmehr in die Annapurna-Region führen. Ein Ersatz für die ursprünglich geplante Route über Lhoa, die wir ja wegen des Schnee-Einbruchs nicht zu Ende laufen konnten. Unser neuer Guide und der Träger holen uns um 7.30 Uhr am Morgen des 16. März im Hotel ab. Sie haben eine achtstündige Übernachtfahrt im öffentlichen Bus von Kathmandu nach Pokhara hinter sich. Eine gesunde Nachtruhe sieht sicher anders aus, aber Arbeitskraft erscheint in Nepal in einem anderen Licht als bei uns. In einem kleinen Auto geht es über buckelige Pisten in das 15 Kilometer entfernte Dorf Dhampus. Hier starten wir unsere zweite Wanderung. Sie führt durch Gebiete des Annapurnamassivs, die bereits recht deutlich für den Tourismus erschlossen und somit weniger ursprünglich sind als die Manaslu-Region. Die Landschaft aber ist hier ebenfalls beeindruckend und wunderschön. Die mehrtägige Wanderung beginnt mit dem Weg von Dhampus nach Tolka. Hier bieten sich tolle Ausblicke auf den knapp 7.000 Meter hohen Machapuchare. Der Name heißt übersetzt „Fischschwanz“, und aus Richtung Westen sieht der Gipfel des riesigen Berges tatsächlich auch so aus. Genauso eindrucksvoll und schön sind die Blicke auf den Annapurna South und den Himchuli, die wir ebenfalls zu sehen bekommen. Von Tolka geht es über Chomrong nach Tadapani. Wieder sind viele anstrengende Höhenmeter und zu viele Treppenstufen zu überwinden, aber die atemberaubenden Landschaften fordern uns nicht nur, sie begeistern uns auch. Unterwegs überqueren wir die längste Hängebrücke Nepals – knapp acht Minuten zwischen Himmel und Erde. Von der 287 Meter langen Brücke schauen wir 300 Meter hinunter in die Tiefe, und uns beschleicht das Gefühl, ein Spielball des Windes zu sein. Hoffentlich kommt keine Maultier-Karawane, weder von vorn, noch von hinten…
Die Lodge in Chomrong haben wir noch fast für uns allein, aber in Tadapani haben wir weniger Glück. Schon der Weg dorthin ist anstrengend und nicht ungefährlich, denn wir müssen über stark vereiste Steigungen gehen. Endlich in Tadapani angekommen, genießen wir in der Lodge noch den besonderen Luxus einer heißen Dusche. Aber am Nachmittag trifft eine nervige deutsche Reisegruppe ein. Die beklagen sich lautstark, dass ihnen zum Zähneputzen nur ein Waschbecken zur Verfügung steht. Respektlos, wenn man bedenkt, dass die Nepali auch sehr gut ohne Becken auskommen und die Waschbecken auf ihrem Rücken extra für die Gäste ins Dorf getragen haben!
Wir sind froh, am nächsten Tag noch vor den anderen in Richtung Gorephani aufbrechen zu können. Der Weg ist anstrengend, führt uns aber durch wunderschöne Wälder mit rot-blühenden, sechs bis acht Meter hohen Rhododendron-Bäumen. Wir sind gerade in unserer Lodge in Gorephani eingetroffen, als es anfängt zu regnen. Umso mehr freuen wir uns über das eigene Bad und die heiße Dusche. Nach einer entspannten Nacht arbeiten wir uns am kommenden Tag über unzählige Stufen auf den Aussichtspunkt Poon Hill empor. Anfangs wussten wir nicht, ob sich der Aufwand lohnen würde, aber der Ausblick auf die gesamte Annapurna-Range und die Dhaulagiri-Zone entschädigt uns vollends für die Anstrengungen. Im Dorf wird das traditionelle Frühlingsfest Holi gefeiert, und überall schallt uns ein fröhliches „Happy Holi“ entgegen. Man beschmeißt sich gegenseitig mit buntem Puder und gefärbtem Wasser. Auch wir bleiben nicht vom Farbbad verschont, aber es macht viel Spaß, und genauso gern geben wir den Menschen ein herzliches „Happy Holi“ zurück.
Der Manaslu Trek führt von Aarugath über das Manaslu Base Camp (4.750 m) und den Larke Passes (5.206 m) bis runter nach Bhulbule.
Von Poon Hill aus geht unser Weg überwiegend bergab – eine echte Wohltat nach den unzähligen Höhenmetern, die wir hinter uns gebracht haben. Wir machen Halt im Hotel „Four Seasons“ in Banthani, aber dieses Hotel hat wirklich keinerlei Ähnlichkeit mit seinen Namensvettern in westlichen Ländern. Am nächsten Tag geht es über 3000 Stufen weiter hinunter. Wir kommen schnell voran und finden noch die Zeit, ein Bad in einem eiskalten Gebirgsbach zu nehmen. Unten in Nayapul wartet dann das Auto nach Pokhara auf uns. In Pokhara logieren wir für zwei Nächte in der „Fishtail Lodge“. Das wunderbare Hotel liegt auf einer Insel im Fewa-See, und um dorthin zu gelangen, besteigen wir das hauseigene Floß und schlagen eine Glocke. Ein Hotelangestellter zieht uns daraufhin mittels eines Seils über das Wasser – irgendwie ein sehr koloniales Erlebnis. Drüben angekommen, erweist sich die „Fishtail Lodge“ als Oase der Ruhe. Übernachtet wird in separaten Appartment-Bungalows, und die Bar-Terrasse bietet einen friedvollen Blick auf den See und die Berge. Besonders schön sitzt man dort am Nachmittag. Wir schauen zu, wie die farbenfrohen Ruderboote vollbesetzt mit Touristen über den See gleiten. Ein wahrhaft magischer Anblick. Nicht umsonst wird das Hotel im Buch „1000 places to visit before you die“ aufgeführt.
Am 23. März geht es mit einem Inlandsflug zurück nach Kathmandu, wo wir wieder Quartier im Hotel Hyatt beziehen. Die Hauptstadt vermittelt uns erneut den Eindruck eines verwinkelten Ortes mit vielen, eigentlich zu vielen und zu engen Gassen voller Staub, Menschen und Fahrzeuge. Die Sehenswürdigkeiten und Wahrzeichen der Stadt scheinen in diesem Chaos unterzugehen. Umso verblüffender ist es für uns, wenn der Guide den Wagen plötzlich stoppt und uns kurz um die Ecke zu einer der Attraktionen Kathmandus führt. Unser Aufenthalt dort lässt uns Zeit für vier Sehenswürdigkeiten. Am bekanntesten dürfte die Tempelanlage Swayambhutah sein. Sie gehört zu den ältesten buddhistischen Heiligtümern weltweit, und ihren Spitznamen „Affentempel“ verdankt sie den Horden wilder Affen, die den Tempel zahlreich bevölkern. Sie leben hier völlig unbehelligt, haben ihre Scheu vor Menschen längst verloren und greifen nach allem Essbaren, was sie erwischen können. Auch so manchem Besucher wird der Snack weggeschnappt. Wir aber registrieren erfreut, wie problemlos Buddhisten und Hinduisten hier ihre religiösen Rituale nebeneinander praktizieren. Der Durbar Square ist der Königsplatz von Kathmandu und sein historisches Herz. Bereits das bunte Treiben ist eine eigene Sehenswürdigkeit. Neben dem Palast der Könige säumen mehr als 50 Pagoden und Tempel den Platz. Alle wichtigen Götter des Hinduismus haben hier ihr Heiligtum, und eine Statue des Affengottes bewacht den Palast. Die Zerstörungen durch das verheerende Erdbeben 2015 sind allerdings noch deutlich sichtbar, auch wenn die Restaurierungsarbeiten an den großartigen historischen Denkmälern in vollem Gang sind. Wir bekommen einen Eindruck davon, wie stark das Beben das Land seinerzeit heimgesucht hat.
Etwa fünf Kilometer östlich vom Stadtzentrum stoßen wir auf den Hindu-Tempel Pashupatinath, der dem Gott Shiva geweiht ist, dem „Herrn der Tiere“. Pilger reisen von sehr weit an, um das Heiligtum aus dem 5. Jahrhundert zu besuchen, und nur Hindus dürfen das Innere des Tempels betreten. Aber das Gelände rund um den Tempel ist auch für Touristen zugänglich, und unterhalb des Hauptgebäudes werden wir Zeuge einer Zeremonie, bei der am Fluss Bagmati Verstorbene verbrannt werden. Wir sind alarmiert, als wir hören, dass noch vor 15 Jahren Kinder in dem Fluss baden konnten, der damals noch tief war und viel Wasser führte. Heute ist der Bagmati nur noch ein dreckiges Rinnsal. Schuld daran sind das enorme Wachstum der Stadt und kriminelle Organisationen, die das Wasser und den Sand vom Fluss ableiten und so das Öko-System empfindlich stören. Unser Sightseeing in Kathmandu endet mit einer Stippvisite im Vorort Bodnath. Der hiesige Stupa bildet neben dem Swayambhutah das wichtigste buddhistische Heiligtum in Nepal. Errichtet wurde der Bodnath-Stupa zwischen dem 5. und 7. Jahrhundert, und nach der Flucht des Dalai Lama aus Tibet 1959 entstand hier ein neues Glaubenszentrum für den tibetischen Buddhismus. 108 kleine Statuen des Amitabha-Buddha säumen die Basis des Stupa, denn die 108 ist für Budhisten wie auch für Hindus eine heilige Zahl. Die benachbarten Klostergebäude werden von den Mönchen als Wohn- und als Gebetsräume genutzt. Am Morgen des 26. März treten wir unsere Rückreise nach Deutschland an. Von Kathmandu fliegen wir über Neu Dehli und Frankfurt nach Hamburg. Zeit für ein Fazit unseres großen Abenteuers: Hoch oben in den Bergen haben wir Yaks gesehen, in den Ebenen Wasserbüffel – und in den Städten kurioserweise Kühe und Affen. Das Essen in den Bergen ist einfach, aber richtig köstlich. Es gibt keine Kühlschränke, also wird jede Bestellung direkt vor dem Servieren frisch zubereitet. Der Koch holt das Gemüse direkt aus dem den Garten oder schlachtet ein Huhn, wenn mehrere Gäste zugleich ein Chicken Curry mit Reis ordern. Die Unterkünfte sind einfach. Ein „Bad“ mit Waschbecken und einem eigenen Loch im Boden als Toilette gilt schon als Luxus. Meistens gibt es nur eines dieser Klos pro Stockwerk. Luxus ist auch, wenn die Matratze auf dem Holzbrett nicht so dünn ist, dass die Hüftknochen des Gastes direkt auf das Holz stoßen. Weiter oben in den Bergen empfiehlt es sich, die Fugen in den Wänden provisorisch abzudichten, denn es zieht hier kräftig durch. Unsere Schmutzwäsche ist zum Abdichten prima geeignet, denn die sammelt sich reichlich. Waschtage sind rar. Zum Wäschewaschen nutzten wir ein faltbares Waschbecken, mischten einen Liter heißes Wasser mit einem Liter eiskaltem Bergwasser und wuschen darin unsere T-Shirts, Socken, Unterhosen per Hand aus. Danach konnten wir nur hoffen, dass es genug Sonne und Wind gab, um die Sachen für den nächsten Tag trocken zu bekommen.
Wir fassen unsere Erfahrungen in drei Wörtern zusammen: Durchhalten, Demut, Dankbarkeit.
1. Durchhalten: Die Wanderungen waren anstrengend und nicht ungefährlich. Manchmal haben uns nur der Wille und die Konzentration weiter getragen, oft aber auch die Begeisterung für die Landschaft und die Stimmung. 2. Demut: Das majestätische Bergpanaroma macht uns nachdenklich und relativiert die eigene Bedeutung. Auch die Kraft, Freude und Ausdauer, mit der die Menschen ihr Leben in Nepal gestalten und meistern, lässt uns demütig werden. 3. Dankbarkeit: Was für ein Glück, diese unglaubliche Natur und die Menschen erleben zu können. Auch dass wir dort so herzlich und neidlos aufgenommen wurden. Dass wir inneren Frieden empfanden und die Dinge, die unseren Alltag in Deutschland bestimmen, beim Wandern und in den Bergen plötzlich völlig unerheblich erscheinen.
INFO
März Datum | Wie | Stecke | Länge | Dauer | Höhen. rauf | Höhen. runter | Höchster Punkt |
---|---|---|---|---|---|---|---|
03.-04. | Flug | Hamburg-Frankfurt-Neu Dehli-Kathmandu |
– | – | – | – | – |
05. | Jeep | Kathmandu-Aarughat | 127km | 5h | – | 1 | – |
06. | Trekking | Aarughat-Soti Khola | 11,62km | 3,14h | 232m | 150m | 621m |
07. | Trekking | Soti Khola-Macha Khola | 14,04km | 4,16h | 495m | 248m | 876m |
08. | Trekking | Macha Khola – Jagat | 24,09km | 9,12h | 1023m | 533m | 1334m |
09. | Trekking | Jagat-Philim-Deng | 24,73km | 9,07h | 1095m | 572m | 1870m |
10. | Trekking | Deng-Namrung | 23,70km | 9,24h | 1453m | 714m | 2684m |
11. | Trekking | Namrung-Lho | 10,48km | 5,15h | 643m | 191m | 3185m |
12. | Hubschrauber | Lho | – | – | – | – | – |
13. | Jeep | Lho-Aarughat | – | – | – | – | – |
14. | Aarughat | – | – | – | – | – | |
15. | Trekking | Aarughat-Pokhara | 149km | 5h | – | – | – |
16. | Trekking | Pokhara-Dhampus | 25km 10,61km |
2h 5,40h |
– 563m |
– 470m |
– 2161m |
17. | Trekking | Dhampus-Tolka | 9,9km | 6,55h | 876m | 369m | 2177m |
18. | Trekking | Tolka-Chomrong | 10,97km | 6,44h | 970m | 455m | 2696m |
19. | Trekking | Chomrong-Tadapani | 12,70km | 6,15h | 823m | 633m | 3209m |
20. | Trekking | Tadapani-Ghorepani | 11,58km | 5,16h | 426m | 1064m | 3210m |
21. | Trekking Auto |
Ghorepani-Poonhill-Banthani Nayapul-Pokhara (FishTail Lodge) |
14,74km 40km |
5,25h 1,40h |
522m | 1672m | 2202m |
22. | Pokhara (FishTail Lodge) | – | – | – | – | – | |
23. | Flug | Pokhara – Kathmandu | – | – | – | – | – |
24. | Kathmandu (Hyatt) | – | – | – | – | – | |
25. | Kathmandu – Sight Seeing | – | – | – | – | – | |
26. | Flug | Kathmandu-Neu Dehli-Frankfurt-Hamburg | – | – | – | – | – |