
Menschen „Nichts ist schlimmer als ein angepasstes No-Image“
„Nichts ist schlimmer als ein angepasstes No-Image“
Interview mit Ralf Richter
Lars Görg: Für mich ist „Das Boot“ ein Meilenstein des deutschen Films. Und für dich persönlich?
Hast du Petersen um seinen Hollywood- Erfolg beneidet oder eher bewundert?
Bestehen noch Kontakte zu den Kollegen von damals, also zu Petersen, Grönemeyer etwa?
Du bist irgendwann in die Gastronomie-Szene eingestiegen. War das Investition oder Leidenschaft?
Das Ruhrgebiet ist ein großes Dorf. Wie sonst hat es dich nach Witten zu CultCars verschlagen?
Bist du „autoverrückt“, sammelst du Autos?

Und du magst Opel nicht, heißt es …
Wenigstens im Film stand der Opel für Proll. Bis dein 560 SC neue Maßstäbe setzte. Ist dieses Prollige echt oder Attitüde?


Wie sieht es mit deinem Fahrstil aus?
Echte Freunde – hast du die im Beruf oder in der Schauspielerei gefunden?
Stichwort Peter Zadek. Vermisst du das Theater?




Wo siehst du deutsche Filme generell in Zukunft, in 5 oder 10 Jahren? Wohin geht die Entwicklung?
Früher, als ich noch Darsteller war, gab es um die 100 deutsche Serien, die parallel produziert wurden.
Heute sind es noch etwa 30, und davon sind über die Hälfte nicht zu gebrauchen, Serien wie „Berlin - Tag & Nacht" oder Daily Soaps, die ja eigentlich auch nicht so richtig für Darsteller sind. Aber da geht die Tendenz hin: möglichst wenig Geld ausgeben. Und dann gibt es eben nur noch drei Leute, die Mainstream-Kino machen und eine Förderung kriegen, weil sie angepasst genug sind. Das sind Til Schweiger, Bully Herbig und Matthias Schweighöfer. Schweighöfer macht quasi Til Schweiger-Filme ohne Til Schweiger. Die machen alle das Gleiche, man weiß vorher genau, was passiert. Diese Filme gefallen ihrem Publikum, zum Beispiel jungen Mädchen. Meine Tochter war auch mal in dem Alter, in dem man gerne kreischt – das gehört zur Entwicklung dazu, klar.
Aber ich würde jetzt nicht meine Filmkarriere darauf aufbauen wollen, das fände ich ein bisschen armselig. In Deutschland ist es so, dass die Schauspielerei überhaupt kein geschützter Beruf ist. Das heißt, jeder der Zwerge, der mal bei „GZSZ“ oder „Berlin - Tag & Nacht" mitgemacht hat, kann sich Schauspieler nennen. Zum Beispiel wurden die Kommissare bei K11 mit echten Bullen besetzt. Mit schweinedoofen auch noch. Der mit der Glatze bezeichnet sich selbst als Schauspieler, denn wenn du einmal irgendwo mitgespielt hast, darfst du dich Schauspieler nennen. Und laut Gesetz darfst du dann sogar eine Schauspielschule aufmachen!
Das ist so, als würde ich jetzt ein Brot backen und dadurch automatisch ein Bäcker sein.
Ja! Es gibt nur einen Unterschied: Du darfst dann nicht einfach so eine Bäckerei aufmachen und ein Bäckermeister-Zertifikat hinhängen. Da bekommst du sofort Ärger, das Ding wird zugemacht, und du musst noch eine Strafe zahlen. Aber die Darstellerei ist nicht geschützt.
Es heißt ja auch heute, jeder kann alles. Bei "Big Brother“ mitmachen zum Beispiel. Und das endet dann mit dem Dschungelcamp. Bei „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ hat sich ziemlich schnell gezeigt, dass man richtige Stars nicht dafür kriegen wird. Denn nach der Teilnahme geht nichts mehr, über dich wird nur hergezogen, dein Ruf ist ruiniert. Sie machen dich fertig. Also holen sie sich andere Leute wie die Ex-Frau von irgendeinem Ex-Darsteller, der heute nur noch im Boulevard Theater seinen Namen verbrät, den heute also niemand mehr kennt. Und seine Ex- Frau ist jetzt plötzlich ein „Star“, obwohl kein Mensch weiß, wer das ist.
Ich lache darüber, weil das einfach peinlich ist, aber so werden Promis produziert, die dann eben einfach nur Promis sind und nichts anderes. Haben die sich einmal einen No-Name-Promistatus erarbeitet, kriegst du sie nicht mehr weg aus der Glotze. In diese Richtung wird auch das Kino gehen.
Mir haben sie zum Beispiel eine Rolle für eine Kinderkomödie angeboten. Da spielen zwei Internetstars, die Lochi-Brüder, die Hauptrollen. Dabei ist das Internet ein ganz anderes Medium als das Kino. Im Internet musst du vor allem authentisch sein – je authentischer du bist, desto mehr Likes kriegst du. Dafür kannst du auch einfach in die Kamera furzen oder Grimassen schneiden. Als Darsteller musst du aber authentisch das verkörpern, was im Drehbuch steht. Du musst dich also irgendwo reindenken.
In einer Serie fürs Internet, die auch mit drei solchen Videostars gedreht wird, die zusammen 1,3 Millionen Follower haben, habe ich als Gast kurz mitgemacht. Neben den drei Leuten wird das Ganze dann aufgepeppt mit Stars aus Filmen und Musik – die stecken da richtig Geld rein.
So sieht es inzwischen auch im Kino aus, es werden Filme mit Internetstars gemacht. Deshalb glaube ich schon, dass wir mit unserer Produktion ein bisschen was anderes machen. Da geht es wirklich um die Typen – und da bin ich auch schon mal von ein paar verschiedenen Seiten gewarnt worden, dass die Leute, die wir da besetzen, nicht gerade das beste Image hätten. Aber darauf kommt es gar nicht an. Die müssen einfach das, was im Drehbuch steht, genau so machen. Das ist eben etwas, wo es um Menschen geht, ohne großartige Tricks, ohne Eyecatcher wie in Actionfilmen.
Selbst wenn im Film eine Bude abbrennt, will ich das echt machen und nicht digital. Man sieht Autos, man sieht Typen mit Vokuhila, die im Puff an der Theke in Würde ergraut sind – irgendwie ein bisschen oldschool.

Geht in den neuen Kino- und TV-Produktionen also irgendwie die Seele verloren, eine gewisse Charakteristik?
Der läuft ja eigentlich immer noch in Bochum, seit 1999. Ist doch irgendwie auch ein Rekord.
Deine Meinung über die Öffentlich-Rechtlichen und die GEZ-Gebühren.

Deine eigene Produktion ist schon spruchreif. Wovon wird sie handeln?
Es geht ja bald auf Weihnachten zu – was bedeuten dir die Festtage?

Gibt es da keinen Geschenkestress?
Vielen Dank für dieses Gespräch!

