
Lebensart HEUREKA! Petra „Der herrlichste Ort der Welt“
HEUREKA! Petra „Der herrlichste Ort der Welt“
CHAPEAU HEUREKA
HEUREKA – Reisen heißt entdecken! Die Welt ist schön und bietet zahllose Möglichkeiten zur Erholung und Entspannung – aber ebenso viele atemraubende Attraktionen und spannende Expeditionen, die unsere Horizonte erweitern und das Leben bereichern. Chapeau ist unternehmungslustig, und mit der Rubrik HEUREKA! stellen wir in jeder Ausgabe ein einzigartiges Reise-Highlight vor, das eine Entdeckung lohnt. Abenteuer gesucht? Gefunden!

Es muss nicht unbedingt ein Kloster sein, wenn man wissen will, wie sich Demut anfühlt. Ein Besuch in der antiken Felsenstadt Petra im jordanischen Wadi Musa Tal eignet sich ebenso gut, um dem modernen Mitteleuropäer auf Sinnsuche ein nachhaltiges Gefühl von Ergebenheit zu vermitteln. Rund 2000 Jahre ist es her, dass dieses gigantische Sandstein-Monument aus dem Felsen geschlagen wurde. Es war die Hauptstadt der Nabatäer, einem ehemaligen Nomadenvolk, das sich vor etwa 2400 Jahren zur Sesshaftigkeit entschlossen hatte. Zölle und Handel mit den Karawanen, die mit Weihrauch und Seide beladen über die alten Handelsrouten durch das Gebiet zogen, machte die Nabatäer reich. Ihre Steinmetze vervollständigten ihr Handwerk derart kunstvoll, dass sie dem porösen Sandstein erstaunliche Bauwerke abrangen und verschiedenste Stile zusammenführten. Die antiken Kulturen Ägyptens, Griechenlands und Rom – hier in der Wüste Jordaniens sind sie eine kunstvolle Verbindung eingegangen.

Am bekanntesten ist das mehr als 40 Meter hohe „Schatzhaus“ Al Khazneh mit seiner gewaltigen Fassade, das in Wahrheit einer königlichen Familie der Naratäer als Mausoleum diente. Was muss das für den Schweizer Abenteurer Johann Ludwig Burckhardt für ein Anblick gewesen sein, als er sich auf seiner Arabien-Expedition im Jahre 1812 hierher durch die mehr als einen Kilometer lange schmale Schlucht gewagt hatte! Der sogenannte „Schacht“ oder auch „Sik“ bildet auch heute noch den einzigen Zugang zu der antiken Stadt. 600 Jahre lang war hier kein Europäer mehr gewesen und Petra längst zum Mythos geworden. Um dorthin zu gelangen, hatte sich Burckhardt verkleidet als Scheich Ibrahim Ibn Abdallah ausgegeben und sich von Beduinen unter einem Vorwand an den mysteriösen Ort führen lassen. Als rund 100 Jahre später auch der Engländer T.E. Lawrence, besser bekannt als Lawrence von Arabien, Petra einen Besuch abstattete, sprach er die legendären Worte: „Petra ist der herrlichste Ort der Welt.“

In der Blütezeit Petras sollen bis zu 30.000 Menschen hier gelebt haben. Auf den Märkten handelte man mit Gewürzen, Edelsteinen, Weihrauch, Myrrhe und Edelmetallen. Ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem mit kilometerlangen, in die Felsen gehauenen Rinnen sorgte trotz der seltenen Regenfälle für einen ausgeglichenen Wasserhaushalt. In speziell geformten Tonröhren floss das Wasser sogar bergauf.
Noch immer sind nicht alle Geheimnisse Petras gelöst. Die Naratäer hinterließen so gut wie keine schriftlichen Zeugnisse aus der Geschichte der Stadt und ihrem Alltagsleben. Man weiß nicht einmal, wie die Bewohner selbst ihre Stadt nannten – „Petra“ ist das altgriechische Wort für „Felsen“ oder „Felshöhle“, auf Arabisch heißt dieser Ort al-Batrā’. Was man über ihn weiß, wurde aus biblischen, griechischen und römischen Dokumenten erschlossen. Man schätzt, dass bislang erst 20 Prozent der antiken Metropole aus dem Sand gegraben wurde. Klimatische Einflüsse, Erosion, Vandalismus und Plünderungen in den letzten Jahrhunderten sowie Hitze, Kälte und Trockenheit erschweren die Arbeit der Archäologen und Geschichtsforscher. Dennoch vermittelt die Vielzahl der bis heute frei gelegten Mauerreste, Säulen und Quader einen überwältigenden Eindruck davon, wie prächtig dieser abgelegene Ort einst dagestanden haben muss. Die großartigsten Bauten waren den Toten gewidmet, die in verzierten Höhlenbauten bestattet wurden und deren rund 600 Grabstätten bis heute erhalten sind.
Mit dem Einzug der Römer um das Jahr 106 erschlossen sich die Naratäer weitere Handelsmöglichkeiten. Die Kapazität des Amphitheaters wurde auf 8000 Plätze erhöht, ein Triumphbogen und ein Prachtboulevard wurden angelegt.

Aber dann veränderten sich die Handelsrouten im Römischen Reich. Petra, mittlerweile byzantinisch, verlor an Bedeutung und wurde nach einem großen Erdbeben im Jahr 363 nur teilweise wieder aufgebaut. Die letzte schriftliche Erwähnung, bevor die Stadt von ihren Bewohnern verlassen und vom Sand zugeweht wurde, stammt aus dem 12. Jahrhundert.
Entsprechend viele Legenden ranken sich um Petra. Einige vermuten vor der Stadt die Wunderquelle, die Moses während des Auszugs der Israeliten aus Ägypten aus einem Felsen herausschlug. Sein Bruder Aaron soll an dem Berg begraben worden sein, der heute „Jabal Harun“ („Berg Aaron“) genannt wird. Auf dem Gipfel errichtete man ihm zu Ehren eine byzantinische Kirche und später einen islamischen Schrein. Auch die heiligen drei Könige sollen auf ihrem Weg nach Betlehem zum Jesus-Kind in Petra gerastet haben.
Unter den Reisenden, die heute hierher kommen, finden sich deshalb auch zahlreiche Pilger. Erst in den 1920er Jahren wurde Petra als Anziehungspunkt für Touristen entdeckt, und heute wird es als UNESCO-Weltkulturerbe geführt. Wer dort hinfährt, sollte sich die Inszenierung „Petra by Night“ auf keinen Fall entgehen lassen. An drei Abenden der Woche werden dann das Schatzhaus und die Schlucht durch hunderte von Kerze beleuchtet. Ein ganz einmaliges Erlebnis.