
Auto Pferdestärken mit Bernadette Brune
Pferdestärken mit Bernadette Brune
Mit Bernadette Brune un dem Mercedes Pagode auf Spritztour durchs Ammerland – INTERVIEW: Arash Farahani | FOTOS: Pino Petrillo

Abends gehe ich todmüde ins Bett. Doch diese Müdigkeit macht mich wahnsinnig glücklich.
CHAPEAU traf die Pferdezüchterin und Unternehmerin vom Gestüt Brune. Die Profireiterin saß für unser Interview nicht auf dem gewohnten einen PS, sondern zur Abwechslung im 150 PS starken Mercedes 230 SL von 1963. Wir sprachen mit ihr über die Leidenschaft zum Tier, das Leben im Ammerland und Durchhaltevermögen als Stärke.
Arash Farahani: Sie sind in Düsseldorf geboren, in Monaco groß geworden - was hat Sie ins Ammerland getrieben?
Bernadette Brune: Ich habe 30 Jahre in Monaco gelebt, doch genau genommen war es nie ganz mein Land. Dort ist alles zwar sehr schön und luxuriös, aber ich liebe einfach die Natur. Da ich mit Pferden arbeite, haben wir uns irgendwann entschieden, etwas in Deutschland zu suchen. Wir haben uns mehrere Höfe angesehen – und der im Ammerland, der war so traumhaft schön, dass wir wussten: Hier müssen wir bleiben.
Vor dem Auto war das Pferd das Verkehrs- und Transportmittel Nummer 1. Inzwischen sind beide oftmals viel mehr als das. Ich denke gerade an unseren Mercedes Pagode aus den 1960ern, mit dem wir hier unterwegs sind. Sind Pferde wie Oldtimer heute Sammlerstücke? Statussymbol, Luxusaccessoire oder sogar eine Wertanlage?
Eine Wertanlage? Da muss man schon sehr viel Glück und ein gutes Pferd haben und sehr viel Geld mit dem Pferd verdienen. Das bedeutet viel Arbeit, eine schwierige Sache. Statussymbol? Für manche Menschen wird es das sein. Ich denke eher, dass ein Pferd zu haben eine pure Leidenschaft ist. Es ist auch harte Arbeit, mit Pferden zu leben, von daher macht man es eher aus Leidenschaft. Dann ist es die pure Freude.



Beschäftigt man sich mehr als nur oberflächlich mit Gestüten und ihren Eigentümern, findet man erstaunlich viele starke Frauen: Queen Elisabeth II, Karin von Ullmann, Madeleine Winter-Schulze, Sie. Können Sie mir das erklären?
(lacht) Gute Frage! Ich glaube, dass das Durchhaltevermögen, diese Liebe zum Tier, Zeitmanagement für Organisation und paralleles Familienleben Gründe dafür sind. Ein Gestüt ist viel Arbeit, viel Verantwortung, nicht nur für die Pferde. Der Hof selbst, die Mitarbeiter, das Geschäft, der Sport … Dass Männer das genauso gut hinkriegen, will ich nicht bezweifeln, aber so viele mit dem nötigen Durchhaltevermögen haben wir einfach nicht.
Ihr Vater gilt als einer der bedeutendsten Architekten der Nachkriegszeit. Er baute sehr innovativ, weltweit, auch für den Schah von Persien. Ihr Hof, zu guten Teilen neu erbaut, greift eine sehr tradierte Stilistik auf. Ist das auch als Abgrenzung gemeint?
Ich habe zwar nicht Architektur studiert und meinen Vater den Hof auch nicht zeichnen lassen, habe aber trotzdem viel von ihm geerbt – und unseren Architekten damit in den Wahnsinn getrieben. Ziel war es, den Stil der Gegend aufzugreifen und mit Modernem zu mischen.
Gab es nie den Wunsch, im väterlichen Unternehmen eine Rolle zu spielen?
Doch, es gab den Wunsch, Architektur zu studieren. Da mein Vater mit der Universität bzw. damals der Fachhochschule im Clinch lag – er teilte nicht deren Vorstellungen –, habe ich das Eintrittsexamen nicht geschafft. In dem Jahr, in dem ich warten musste, machte ich zur Überbrückung eine Bereiterlehre und bin aus dem Beruf nicht mehr herausgekommen.
Ich könnte immer an diesem Ort bleiben. Das hier war mein Traum - und es ist wunderschön!
Ihr Gestüt ist auch ein wirtschaftlicher Erfolg. Gab es den Plan, zu beweisen, dass Sie auch mit Ihrem Hobby, Ihrer Leidenschaft Ihren Lebensunterhalt bestreiten können?
Ich arbeite seit 20 Jahren auf einem sehr hohen Niveau mit Pferden – sei es damals beim Springen, oder jetzt in der Dressur. Dank dieser Erfahrung kann ich die Kundschaft auf diesem hohen Niveau bedienen. Der wirtschaftliche Erfolg kam von ganz alleine, weil ich das, was ich mache, einfach sehr gut mache.
Liegt Ihr Talent buchstäblich auf dem Rücken der Pferde? Oder sind Sie eher eine gute Kauffrau, die auch mit dem Oldtimer-Handel erfolgreich geworden wäre?
Das trifft sicherlich beides zu. Zum einen das Gefühl für die Pferde, die Gabe, sie zu verstehen, das Können, sie richtig zu reiten, und zum anderen in der Lage zu sein, die richtigen Entscheidungen für jedes Pferd zu treffen. Und wenn ich keine gute Kauffrau wäre, würde das Ganze einfach nicht funktionieren.
Wie oft haben Sie das Gefühl, von hier, vom „platten Land“ wegzumüssen, nach Düsseldorf, Hamburg oder in die weite Welt?
Nie. Außer mal in den Urlaub. Dann und wann fahre ich nach Frankreich, wo ich einen weiteren Stall habe, der gemanagt werden muss – und ich muss mich regelrecht zwingen. Gerade habe ich jedoch eine Reise nach Alaska geplant, um nach zwei Jahren Bautätigkeit in der puren Natur Distanz zu bekommen, aber ich könnte immer an diesem Ort bleiben. Das hier war mein Traum – und es ist wunderschön.

Wie wichtig ist Ihnen Anerkennung von außen?
Das muss nicht sein. Aber ich denke, dass ich gute Arbeit leiste, und ich habe Freude daran, anderen Menschen zu helfen. Bestätigung für das, was wir machen, zu bekommen, ist toll.
Wurden Sie jemals als „Tochter von“ gesehen? Wenn ja: Hat Sie das verletzt, oder war es eher Ansporn?
Ganz ehrlich: eine „Tochter von“ war ich in dem Sinne nicht. Schon allein aus dem Grund, weil ich bei meiner Mutter aufgewachsen bin. Erst in Düsseldorf, nach der Schulzeit, war ich „Tochter von“ … Schließlich war ich relativ schnell erfolgreich in meinem Beruf, und mein Vater und ich haben uns gegenseitig Zeitungsartikel über uns zugeschickt. In dem Moment wusste ich, dass er stolz auf mich ist.
Ich mache mit Leidenschaft mein Magazin und freue mich über jedes verkaufte Exemplar. Wie ist das bei Ihnen: Ungetrübte Freude oder auch ein bisschen Schmerz, weil mit einem Pferd auch etwas von Ihnen weggeht?
Wenn man ein Pferd ausgebildet hat und den richtigen Kunden dafür findet, dann empfindet man vor allem Stolz. Das überwiegt. Das Zweitschönste ist, die Pferde irgendwann auf Turnieren wiederzusehen, wenn sie erfolgreich sind, und zu sehen, dass die Menschen mit ihnen glücklich sind. Ich habe einen Deal mit meinen Kunden: Sie müssen mir jedes Jahr zu Weihnachten ein Foto des Pferdes schicken. Viele, viele schöne Bilder gibt es inzwischen, die ganz einfach Freude machen.
Sie sind erfolgreich und wohlhabend, frei, wenn man so will. Die Arbeit im Gestüt, mit der Verantwortung, den Pflichten, ist jedoch das Gegenteil von Freiheit. Fühlen Sie sich frei?
Ja, schon. Ich bin frei in meinen Entscheidungen. Ich könnte jetzt genauso gut in Monaco auf einer Yacht liegen und das Leben genießen. Stattdessen stehe ich jeden Morgen um sechs Uhr auf, gehe in den Stall, mache das ganze Ding – und habe Spaß an der Arbeit, den Pferden, deren Entwicklung, den Leuten. Es gefällt mir, Schüler zu haben, auf Turniere zu gehen. Abends gehe ich todmüde ins Bett. Doch diese Müdigkeit macht mich wahnsinnig glücklich.
Was für ein Auto fahren Sie eigentlich privat?
Einen BMW. Einen Sportwagen …
Wäre ein Wagen wie unsere Pagode auch etwas für Sie?
Spaß macht er mir schon …
Heute fahre ich Sie durch das Ammerland. Wollen wir beim nächsten Mal ausreiten? Könnte ich das überhaupt ohne Erfahrung, aber unter Ihrer Anleitung und Aufsicht?
Ja, klar! Das kommt aufs Pferd an, ist aber ohne Weiteres machbar.
Dann freue ich mich auf das nächste Mal!
Fakten zum Mercedes „Pagode“
Der W 113, das zweisitziges Faltdach-Cabriolet von Mercedes-Benz aus dem Jahre 1963, wurde wegen seines zusätzlich lieferbaren, nach innen gewölbten Hardtops mit dem Spitznamen „Pagode“ bedacht. Er wurde in den Versionen 230 SL (1963–1967), 250 SL (1967) und 280 SL (1968–1971), wahlweise mit Schalt- oder Automatikgetriebe, insgesamt knapp 50.000mal gebaut.