Kultur ROTTERDAM
ROTTERDAM
Klaus muss raus
Die Stadt an der holländischen Nordseeküste ist mehr als eine Reise wert – und das nicht nur wegen des gigantischen Hafens. CHAPEAU hat’s ausprobiert.
Wer über Google nach den schönsten oder bestbesuchten Städten Europas sucht, wird natürlich zuerst bei Klassikern wie Paris, London, Wien, Rom, Venedig oder Florenz, Berlin, Lissabon, Budapest und Prag fündig. Und wer lang genug weiter stochert, stößt irgendwann noch auf Außenseiter wie Stockholm, St. Petersburg, Zagreb oder gar Sarajewo. Aber Rotterdam? Fehlanzeige.
Touristentechnisch steht die zweitgrößte Stadt der Niederlande eindeutig im Schatten vom beschaulicheren Amsterdam, der Stadt der Grachten, Tulpen und Hollandräder. Tatsächlich ist Rotterdam mit knapp 650.000 Einwohnern nur etwa halb so groß wie Amsterdam, bildet aber mit dem größten Seehafen Europas einen zentralen Verkehrsknotenpunkt und ein bedeutendes wirtschaftliches wie kulturelles Zentrum unseres Kontinents. Grund genug, sich diese große Unbekannte des europäischen Städtetourismus einmal näher anzuschauen.
Wir beginnen unsere Entdeckungstour CHAPEAU-gerecht im Hotel Mainport, dem modernsten und luxuriösesten Hotel Rotterdams. Seine exquisite Lage am Ufer der Maas eröffnet uns einen ersten herrlichen Blick auf das Wasser und auf die Skyline der Stadt. Die beeindruckende Silhouette ist ein Ergebnis der Stadtentwicklung seit Mitte der 80er-Jahre und setzt sich aus einem Bouquet von Wolkenkratzern zusammen, wie es in Europa sonst nur Frankfurt, Paris oder London zu bieten haben.
Eine Skyline wie Rotterdam haben in Europa nur Frankfurt, London oder Paris zu bieten.
Vermutlich liegt hier schon einer der Gründe, warum Rotterdam bei Reiseveranstaltern nur ein Exotendasein führt. Die Stadt ist neu. Oder genauer: Das Stadtbild ist neu. Nichts für Nostalgiker. Die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges haben das alte, im 14. Jahrhundert gegründete Rotterdam quasi von der Erdoberfläche getilgt. Die deutsche Luftwaffe zerstörte bei einem Angriff im Mai 1940 fast die gesamte Innenstadt. 1943 waren es die Amerikaner, die mit weiteren Luftschlägen die Hafenanlagen weitgehend zerstörten, den Rest besorgte die abziehende Wehrmacht. Nach dem Krieg wurde ein konsequent moderner Wiederaufbau betrieben. Die Planer teilten die Stadt nach Funktionen auf, Banken wurden in Nachbarschaft der Börse gebaut, die Häfen weg vom Zentrum in die Nähe der Nordsee platziert, und mit der Lijnbaan erhielt Rotterdam bereits 1953 eine der ersten autofreien Einkaufsstraßen.
Der Erfolg blieb nicht lange aus. 1962 löste der Hafen von Rotterdam den von New York als größter Seehafen der Welt ab, und er zählt noch heute zu den umschlagstärksten der Erde.
Der Hafen ist die Seele der Stadt. Rotterdam liegt in der Provinz Südholland an der Mündung des Rheins in die Nordsee. Gegründet wurde die Stadt im Jahr 1230, vermutlich durch Heringsfischer, die hier ihre Fänge umluden. Bereits im 14. Jahrhundert erwuchs aus dem Ort eine reiche Handelsstadt, und als man dann im 19. Jahrhundert durch den Bau des Nieuwe Waterwegs einen schleusenlosen Zugang zur Nordsee geschaffen hatte, wurde Rotterdam zum wichtigsten Im- und Exporthafen für das rheinaufwärts gelegene Ruhrgebiet.
Die Nieuwe Maas ist ein Hauptarm im Rheindelta und trennt die Stadt in einen nördlichen und einen südlichen Teil. Traditionell liegt das Stadtzentrum im Norden, während der südliche Teil vom Hafen und den ehemaligen Siedlungen der Hafenarbeiter geprägt war. Aber beide Teile sind durch mehrere Brücken und Tunnel verbunden, so dass sich das Zentrum mittlerweile bis auf den Süden ausdehnt.
Auch die 802 Meter lange Erasmusbrücke führt über die Nieuwe Maas. Die moderne Hängebrücke ist nach dem berühmtesten Sohn der Stadt benannt, Erasmus von Rotterdam. Der in den 60er-Jahren des 15. Jahrhunderts geborene und 1536 in Basel verstorbene Theologe, Priester, Philologe und Autor vieler Bücher zählt zu den bedeutendsten Gelehrten des Humanismus und wird in Rotterdam bis heute mit zahlreichen Hommagen geehrt – auch wenn er sich selbst eher als Weltbürger denn als Rotterdamer sah. Die Erasmusbrücke wurde 1996 eröffnet und ist eines der Wahrzeichen der Stadt. An ihrem Nordende liegen die Schiffe für eine 75-minütige Hafenrundfahrt bereit, und von ihrem südlichen Ende aus werfen wir einen zweiten Blick auf die Rotterdam-Skyline. Mit dem zweiteiligen, 151 Meter hohen Delftse Port weist sie das höchste Bürogebäude der Niederlande auf, und mit dem Montevideo Tower auch noch das höchste Wohngebäude – jedenfalls wenn man das markante „M“ auf dem Dach des Towers mitrechnet. Inklusive des Initials „M“ ist das Gebäude etwas über 152 Meter hoch.
Die Erasmusbrücke – Wahrzeichen der Stadt und Hommage an einen großen Humanisten.
Die radikale Verjüngungskur der Stadt führte auch zur Ansiedlung großer Architekturbüros wie Neutelings & Riedjik oder Rem Kohlhaas, der unter anderem die niederländische Botschaft in Berlin entwarf. Auch das renommierte und für seine experimentelle Formgebung bekannte Büro MVRDV der Architekten Winy Maas, Jacob van Rijs und Nathalie de Vries hat seinen Sitz in Rotterdam und zeichnet hier für die spektakuläre neue Markthalle verantwortlich, die 2014 eingeweiht wurde und nicht weit vom Rathaus entfernt liegt.
Gebäude aus der Zeit vor dem 20. Jahrhundert sind im Zentrum Rotterdams dagegen rar. Die gotische Laurentiuskirche wurde zwischen 1449 und 1525 errichtet und verfügt über vier große Orgeln. Das Het Schielandhuis aus dem 18. Jahrhundert dient heute als Museum und verfügt mit Zeichnungen, Druckgrafiken, Landkarten und Fotografien aus der Sammlung Atlas Van Stolk über bedeutende Dokumente der niederländischen Geschichte.
Das Kubushaus – Musterentwurf für würfelartigen Wohnungsbau.
Apropos Museum. Die Stadt hat einige bemerkenswerte Museen wie etwa die Kunsthalle oder das Museum Boijman von Beuningen, in dem Kunstschätzen vom Frühmittelalter bis heute ausgestellt sind, und das Maritime Museum Rotterdams zählt zu den wichtigsten Ausstellungshäusern der Niederlande. Auf jeden Fall lohnt ein Bummel durch die Witte de Withstraat. Die zentral gelegene Einbahnstraße dient als Verbindung zwischen dem Maritimen Museum und dem Museumspark und lädt mit ihren Galerien, Cafés und Kneipen zum Verweilen ein. Nicht weit entfernt liegt das Kubushaus, das von dem Architekten Piet Blom als Muster für ein würfelförmiges Wohngebäude entworfen und 1977 als Museum eröffnet wurde. Hier kann man sich mit Modellen, Fotos und Computer-Erläuterungen über das Kubusprojekt informieren.
Wer genug Museen besichtigt hat und etwas Frisches braucht, findet in Rotterdam neben der schon erwähnten spektakulären neuen Markthalle insgesamt 14 Wochenmärkte, die sich wochentagsweise über das Stadtgebiet verteilen. Oder wie wäre es mit einem Zoobesuch? Im Blijdorp Tierpark gibt es exotische Wildtiere aus Asien, Afrika und der Arktis sowie ein eindrucksvolles Aquarium zu bewundern. Auch aktuelle Live-Kultur gibt es: Jedes Jahr im Januar findet in Rotterdam ein Filmfestival statt und jeweils am zweiten Juli-Wochenende das weltbekannte North Sea Jazzfestival.
Über Brücken und Tunnels dehnt sich das Zentrum nach Süden aus.
In der Nähe vom maritimen Museum finden wir den „Walk of Fame“ mit bislang 225 in Betonplatten gegossenen Signaturen, Fuß- und Handabdrücken von nationalen wie internationalen Stars – ganz wie in Hollywood am Grauman’s Chinese Theatre. Allerdings haben sich hier in Rotterdam weniger Schauspieler verewigt als prominente bis legendäre Musiker – von Nancy Sinatra über Gilbert Bécaud, Tom Jones, Johnny Cash und Grace Jones bis zu Bon Jovi oder Lionel Richie. Mit André Rieu oder der Saxophonistin Candy Dulfer sind natürlich auch einheimische Künstler dabei, und sogar Interpreten der deutschen Musikszene wie Udo Jürgens, Vicky Leandros, James Last oder Rex Gildo haben ihre Abdrücke hinterlassen.
Bleibt noch eine überlebenswichtige Frage für Rotterdam, dessen tiefster bewohnter Punkt sechs Meter unter dem Meeresspielgel liegt und das ständig durch Pumpen entwässert werden muss: Wie müssen die Deiche beschaffen sein, um die Stadt vor der Nordsee schützen? Nach der großen Sturmflutkatastrophe von 1953 mit über 1800 Opfern wurde mit den Planungen für das Sperrwerk Meeslantkering begonnen, das 1997 nach sechsjähriger Bauzeit eingeweiht wurde und jetzt ein eindrucksvolles Monument gegen die Naturgewalten darstellt. Für die Anlage wurde dreimal so viel Stahl verbaut wie für den Pariser Eiffelturm, und die 22 Meter hohen, jeweils 210 Meter langen Sperrtore sollen den 260 Meter breiten Nieuwe Waterweg gegen Sturmfluten bis zu einer Höhe von fünf Metern über Normalnull abschließen. Sobald die Computer einen Wasserstand von drei Meter über dem Amsterdamer Pegel vorausberechnen, setzen sie automatisch den zweieinhalb Stunden dauernden Schließprozess in Gang – etwas, was seit der Inbetriebnahme des Sperrwerks zum Glück noch nicht vorgekommen ist. Im Besucherzentrum aber kann man sich einen Eindruck von Umfang des Sperrwerks und dessen Funktionsweisen verschaffen. Auch ein guter Anlass, mal wieder in Rotterdam vorbeizuschauen.
Mainport Hotel
Leuvehaven 77,
3011 EA Rotterdam,
Niederlande
www.mainporthotel.com
Central Plaza
Plaza 29,
3012 CW Rotterdam,
Niederlande
www.centralplazarotterdam.nl
Mainport Hotel
Leuvehaven 77,
3011 EA Rotterdam,
Niederlande
www.mainporthotel.com
Markthal
Verlengde Nieuwstraat,
3011 GM Rotterdam,
Niederlande
www.markthal.klepierre.nl
Wijnbar Janssen en van Dijk
Westewagenstraat 58,
3011 AT Rotterdam,
Niederlande
www.wijnbarjanssenenvandijk.nl
Witte de Withstraat
Künstler Viertel
Erasmusbrücke
3011 BN Rotterdam,
Niederlande
Café in The City
Rodezand 46,
3011 AN Rotterdam,
Niederlande
www.cafeinthecityrotterdam.nl
Museum Boijmans Van Beuningen
Museumpark 18,
3015 CX Rotterdam,
Niederlande
www.boijmans.nl
NY Basement im Hotel New York
Koninginnenhoofd 1,
3072 AD Rotterdam,
Niederlande
www.hotelnewyork.nl
Maritiem Museum
Leuvehaven 1,
3011 EA Rotterdam,
Niederlande
www.maritiemmuseum.nl