Kultur Schrill schriller Silky!
Schrill schriller Silky!
Interview mit Silke Thoss und Christian Pfaff
Die Berliner Malerin und Musikerin Silke Thoss, alias Silky, gehört zu einer internationalen Kreativszene, deren Vertreter Kunst zu Discount-Preisen unter die Leute bringen. Chapeau traf die in Ganderkesee aufgewachsene Künstlerin am letzten Tag ihrer Ausstellung im Hamburger Kunstraum Oberfett. Dessen Inhaber Christian Pfaff bespielt in diesem Jahr neben seinem winzigen Laden im Stadtteil Altona zusätzlich einen äußerst prominent gelegenen 300-Quadratmeter-Saal am Hamburger Hafenrand. Viel Platz für Silkys grelle Popkunst und ihre bunten Installationen. Und auch wenn das zum Abschluss geplante Konzert mit ihrer Band wegen Corona abgesagt werden musste: Silkys Kunst fand trotzdem reißenden Absatz.
Info – Silky Toss ist 1968 in Osnabrück geboren und in Ganderkesee aufgewachsen. Sie studierte Kunst in Bremen und London, machte 1997 ihren Master-Abschluss am Londoner Chelsea College of Art and Design und erhielt 2005 einen Lehrauftrag an der Hochschule für Künste in Bremen. Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Hamburg lebt und arbeitet sie jetzt in Berlin und ist dort als Malerin und zusammen mit ihrer Band als Musikerin tätig. Christian Pfaff betreibt seit 2016 einen ehemaligen Gemüseladen in Hamburg Altona unter dem Namen „Oberfett“ als Schreibwerkstatt, Kunstort und Interdisziplinären Schauraum. Vorübergehend bespielt er auch einen großen Landen am angesagten Hamburger Hafenrand mit wechselnden Ausstellungen.
Infos unter oberfett.de
CHAPEAU: Beim Betreten des Raumes habe ich mich gefragt: Ist das hier Kunst oder Jahrmarkt?
Silky ― Ja, es gibt viele Parallelen zwischen Jahrmarkt und Kunstszene. Aber so ist das hier natürlich nicht gemeint. Die Schildermalerei und die Werbung der 50er-, 60er-Jahre sind meine Inspiration. Die Schilder, die ich vorher gemalt und gebaut hatte, habe ich jetzt eben noch mit Leuchtketten versehen. Die treiben treiben das Ganze noch weiter voran.
„Damals hätte ich auch gern mal so einen Puff auf St. Pauli ausstatten wollen.“
Silky
Hast du früher mit Schildermalerei dein Geld verdient?
Silky ― Nee, das nicht. Aber ich war viel in Amerika. Gerade in den Südstaaten gibt es dort noch viel handgemalte Werbung. Auch in Afrika und Indien. Das habe ich mir auch angeschaut.
Man kennt diese farbenprächtig gemalten Schilder von Friseurläden in Ghana…
Silky ― Ja, genau die. Mit der Band waren wir auch mal nach Sierra Leone eingeladen. Von dort wollte ich mir auch gern Schilder mit nachhause nehmen. Aber das geht gar nicht, da muss man gleich die ganze Tür oder sogar die gesamte Hauswand mitnehmen. Aber die handgemalte Werbung, die es ja in Deutschland schon lange nicht mehr gibt, hat mich sehr inspiriert.
Früher hatten einige Sexschuppen auf St. Pauli diese handgemalten Werbeschilder…
Silky ― Genau! Die habe ich hier in Hamburg damals entdeckt. Da gab es den Maler Erwin Ross, den „Rubens von St. Pauli“. Das fand ich toll, und ich wollte auch gern mal so einen Puff ausstatten. Aber da war diese Ästhetik schon gar nicht mehr angesagt, sondern bereits Offset- und Digitaldruck. Verfahren, die den Druck sehr kostengünstig gemacht haben.
Kommst du ursprünglich aus der Musik?
Silky ― Ich habe immer Musik gemacht, das lief aber parallel. Während meines Kunststudiums in London habe ich angefangen, Akkordeon zu spielen und Songs zu schreiben. Für meine Masterprüfung habe ich dann einen Wohnwagen mit einer fiktiven Person kreiert, die Silky Toss hieß – eine Mischung aus Alter Ego und Fiktion. Die war mit dem Wohnwagen unterwegs und spielte Country-Musik auf dem Akkordeon. Bei der Abschlussausstellung habe ich den Wohnwagen hingestellt, und anhand der Einrichtung und ihrer Sachen habe ich die Persönlichkeit dieser Silky Toss beschrieben. Zeitgleich habe ich unter dem Titel „Missing Landscape“ eine Single mit meinen ersten Stücken herausgebracht. Als ich dann mal zu Besuch nach Bremen war, wo ich auch gelebt hatte, habe ich mit einem Schlagzeuger eine Session gemacht. Der kam aus dem Punk und ich kam mit meinem Akkordeon. Zack ging das los, und so sind wir da hineingepurzelt. Daraus haben wir schnell eine Platte auf einem Schweizer Label gemacht. Es folgte eine Tournee, und dann ging es weiter. Zeitgleich hatte ich angefangen zu malen. Die Bilder hatte ich auch bei den Konzerten dabei und habe sie für günstiges Geld verkauft. Während des Studiums hatte ich noch Installationen und Objektkunst gemacht, aber darauf hatte ich irgendwann keine Lust mehr.
Hast du denn auch das Zeichnen und Malen während des Studiums gelernt?
Silky ― Das habe ich eher vor dem Studium gemacht, im Studium dann eher gebastelt. Nach dem Abschluss bin ich erst einmal aus dem akademischen Elfenbeinturm herausgefallen: Oh, was passiert jetzt? Da draußen wartet ja auch keiner auf dich und deine tollen Objekte. Dann habe ich den „Art Store“ und DM Bob kennengelernt und gesehen, wie die sich mit ihren gemalten Bildern am Wochenende mal eben ihre 300 Mark abholen, und gesagt: Das mache ich jetzt auch! So kam ich zur Malerei.
Christian Pfaff ― Der „Art Store“ bestand Anfang der 90er Jahre aus so ein paar Typen auf St. Pauli, die einen alten Laden übernommen hatten und unter dem Schlachtruf „Kunst für Millionen“ Opposition gegen etablierte Galerien betrieben haben. Die haben gesagt: Unsere Kunst soll in allen Wohnzimmern Hamburgs hängen, deswegen produzieren wir „Cheap Art“ und hauen das raus. Silky ist recht früh dazu gestoßen und hat mit Künstlern wie DM Bob – einem Amerikaner, der sich „Deutschmark Bob“ genannt hat – und Hamburger Künstlern wie 4000, SAM und einigen anderen zusammen Ausstellungen gemacht. Das waren mehr oder weniger Happenings. Da konnte man für 5, 10, 20 Mark Bilder kaufen. Das Teuerste war vielleicht 100 Mark, aber dafür hat man dann schon richtig etwas bekommen.
Und da hast du auch Silky kennenglernt?
Christian Pfaff ― Silky ist mir schon damals über den Weg gelaufen, der Kontakt hat sich jedoch erst später intensiviert. Aber die Quellen waren ganz klar der „Art Store“ und die Cheap-Art-Bewegung im Hamburg der Neunziger.
Tatsächlich hatte ich auch heute Abend das Gefühl, dass die Bilder in Nullkommanichts verkauft waren. Macht ihr mit Cheap Art eine Form von Discount-Kunst?
Silky ― Das ist vor allem eine Haltung. Kunst soll zugänglich sein. Üblicherweise geht Kunstkauf ja schnell in die Tausender, aber so könnte ich mir auch ein Werk leisten. Anders als bei den High-End-Galerien. Das Ganze preiswert zu machen, ist auch eine politische Entscheidung – und es wird ja auch dankbar angenommen.
Christian Pfaff ― Das ist die Demokratisierung der Kunst. Man ermöglicht es den Leuten, sich auch in Bilder zu verlieben und zu sagen: Das gefällt mir, das schenke ich mir. Ich finde, das ist ein toller Zugang zur Kunst, den ich bei Oberfett generell pflege. Das Teuerste, das bei mir mal über den Tresen gegangen ist, hat vielleicht 5.000 Euro gekostet. Da hat man dann aber auch ein riesengroßes Bild für eine gewaltige Fläche erworben.
Werden eure Bilder danach auf dem Kunstmarkt weiter gehandelt, oder bleiben die im Besitz der Leute, die das einmal gekauft haben?
Silky ― Aus meiner Erfahrung behalten die Leute die Bilder. Wenn die erst einmal eines gekauft haben, wollen die meistens noch eines haben. Viele Bilder landen auch in der Küche. Das ist ja ein sehr kommunikativer Ort, und dann kommen die Leute und fragen: Was ist das denn? So etwas will ich auch haben!
„Das ist die Demokratisierung der Kunst.“
Christian Pfaff
Die Installationen hier bei Oberfett sind aber schon zu groß für eine Küche.
Silky ― (lacht) Ja, allerdings. Hier hatte ich natürlich die Möglichkeit, auch mal wieder einen großen Raum zu bespielen. Und da ich von der Installation herkomme, war es toll, das mal wieder zu machen. Das kauft natürlich keiner für seine Stube.
Wie sieht es denn bei dir zuhause aus?
Silky ― Eher schlicht. Aber ich habe ein Atelier, und dort sieht es natürlich nicht schlicht aus.
Wie lange hast du gebraucht, um die vielen Exponate für diese große Ausstellung zu erstellen?
Silky ― Die meisten der gemalten Bilder hatte ich schon vorher, und für die anderen Werke etwa zwei Monate. Ich war sehr diszipliniert, habe nur gearbeitet, gegessen, geschlafen – und mal ein Bier getrunken.
Hast du dich während des Studiums intensiv mit Pop Art beschäftigt?
Silky ― Ja. Ich komme väterlicherseits aus einer akademischen Familie, bin aber in der Kunst sehr intuitiv und war dann sehr froh, als ich während des Kunststudiums Claes Oldenburg entdeckt habe. Dass Kunst eine solche Leichtigkeit haben kann, hat mich sehr erleichtert. Diese Ironie und Verspieltheit – eben Pop Art. Als junger Mensch hatte ich auch schon von Andy Warhols Factory gehört und fand diesen Fabrik-Gedanken total klasse. Erst einmal wusste ich gar nicht so genau was das ist, aber da wollte ich irgendwie hinkommen. Diese Dinge haben mich sehr geprägt, und weil ich Familie in Amerika habe, war ich immer mit Popart konfrontiert. Ich kam in den 70er Jahren in die USA, da war alles groß in riesiger Schrift. Aus einem Bild ragte eine Zigarette heraus, dahinter dampfte es vielleicht noch… Das hat mich als junger Mensch schon sehr beeinflusst.
Beschäftigst du dich auch mit klassischer Malerei?
Silky ― Als junger Mensch haben mich Museen mit alten Meisterwerken nicht interessiert. Mittlerweile habe schaue ich mir das immer sehr gern an, wenn ich in einer anderen Stadt bin. Das ist eben ganz etwas Anderes. Eine ganz andere Reise als die moderne Kunst. Eine Zeitlang bin ich immer wieder in die Gemäldegalerie in Berlin gegangen, habe irgendwelche Fragmente aus Gemälden fotografiert und für mich dann neu formuliert.
Bist du jetzt eine One-Woman-Fabrik?
Silky ― Ja, ich habe noch keine Angestellten (lacht).
Christian Pfaff ― Außer mir, natürlich (lacht).
Silky ― Ein sehr guter Angestellter. Der beste.
Wie oft hast du bei Christian schon ausgestellt?
Silky ― Das ist jetzt die zweite Einzelausstellung. Davor gab es schon mal eine Gruppenausstellung. Christian macht das echt toll. Er hat das hier aus dem Boden gestampft und holt gute Leute. Das ist toll.
Aber, Christian, das Wort „Galerie“ hörst du im Zusammenhang mit Oberfett ja nicht so gern?
Christian Pfaff ― Eigentlich nicht. Eine Galerie ist ja immer knallhart mit dem ökonomischen Zweck verbunden. Auch mich drückt manchmal der finanzielle Schuh, aber ich wähle meine Künstlerinnen und Künstler nicht nach pekuniären Aspekten aus – sonst müsste ich Grafiken von Horst Janssen oder irgendwelche Streetart-Künstler verticken. Ich bezeichne Oberfett immer als interdisziplinären Schauraum. Wir sind nicht auf irgendwelche Künstler oder Medien festgelegt, sondern es geht um Persönlichkeit, Konzept und Handwerklichkeit. Wenn die drei Sachen zusammenkommen, werden die Leute eingeladen. Und wenn dann etwas verkauft wird, ist das vor allem für den Künstler gut, weil es ihm das Weiterarbeiten ermöglicht. Aber in erster Linie geht es uns um Kunst, die gezeigt werden muss. Die Arbeiten von Silky müssen gezeigt werden, weil sie speziell sind und bei den Betrachtern etwas auslösen. Die Leute gehen mit einem Lächeln wieder heraus. Einer hat sich noch mal sehr bedankt und geschrieben, er sei mit einer Gruppe von fünf Leuten nach einer Beerdigung in die Ausstellung gekommen, und das sei genau richtig gewesen. Silkys Kunst hätte die Schwermut weggeblasen. Das ist es, was ich erreichen möchte. Wenn es sich dann auch noch verkauft – nicht zuletzt wegen Silkys demokratischer Preispolitik – ist es natürlich am tollsten.
Ist die Herstellung von guter Laune Motivation für dich, oder willst du dich vor allem selbst ausdrücken?
Silky ― Wenn ich arbeite, tue ich das erst einmal für mich. Da fließt mein Witz ein, und dann ist natürlich toll, wenn der Betrachter das auch versteht. Es ist schön, wenn man das teilen kann.
Wo stellst du deine Arbeiten aus, wenn du nicht bei Oberfett bist?
Silky ― Ich lebe in Berlin, dort stellte ich natürlich aus. In Bremen, wo ich ja auch gelebt habe, dann letztes oder vorletztes Jahr bei Weseke im Münsterland… Auch in den USA habe ich ausgestellt.
„Ich komme aus einer
akademischen Familie, bin aber in der Kunst sehr intuitiv.“
Silky
Hast du deine Werke dort auch gut verkauft?
Silky ― Ja, sehr. Die verstehen diese Art Kunst natürlich. Dort gibt es ja auch diese Lowbrow Art…
Christian Pfaff ― …im Unterschied zur Highbrow Art. Der Begriff leitet sich von der gehobenen Augenbraue ab und meint eigentlich die Leute mit der etwas gehobenen Nase. Lowbrow nennt man die meist etwas verschrobene Kunst, die von Underdogs. Das ist mittlerweile schon eine Genre-Bezeichnung. Hier in Hamburg hat sich zum Beispiel die Galerie Feinkunst Krüger auf Lowbrow spezialisiert.
Eine Highbrow-Galerie würde Silky also nicht ausstellen?
Christian Pfaff ― Das kann man so nicht sagen. Silky ist auch schon von gehobenen Galerien hofiert worden. Die kriegen allerdings Schnappatmung, wenn Silky ihre Werke auch dort zum niedrigen Preis verkaufen will. Damit lässt sich für die dann natürlich keine Marge wie bei anderen Künstlern erzielen.
Aber in Museen bist du noch nicht zu sehen?
Silky ― Nee (lacht).
Christian Pfaff ― Aber durchaus in öffentlichen Sammlungen. Oberfett ist ja auch eine öffentliche Kunstsammlung. Der Oberfett-Gedanke ist aus einer Sammlung heraus entstanden…
…aus deiner Sammlung?
Christian Pfaff ― Ja, ich sammle seit 30 Jahren Kunst. Es gibt ja gegenüber dem Künstler eine Verpflichtung, seine Kunst auch zu zeigen. Der Sammler kann die nicht nur in irgendwelchen Boxen horten und darauf warten, dass die Werke teuer werden, sondern er muss sie auch zeigen. Deshalb habe ich Oberfett gegründet und gebe den Künstlern eine Plattform, zeige frühere Werke, lade sie gegebenenfalls mit ihren neueren Arbeiten ein und binde sie in einen längerfristigen Kontext ein.
Bist du auf diesem Gebiet Einzelkämpfer oder mit anderen Galerien vernetzt?
Christian Pfaff ― Im Betrieb bin ich eine One-Man-Show. Ich kuratiere selbst und stelle das Programm ganz allein auf die Beine. Dann redet mir auch niemand rein. Aber ich bin auch hochgradig kooperativ und arbeite mit vielen Galerien zusammen. In der Hamburger Szene kennen und respektieren wir uns. Wir machen gemeinsame Projekte und Jahresausstellungen, arbeiten thematisch zusammen oder bespielen mal zwei Seiten eines Künstlers in zwei unterschiedlichen Galerien. Das mache ich sogar sehr gern, denn im Kollektiven steckt jede Menge Power.
Gibt es Kooperationen auch mit Galerien anderer Städte?
Christian Pfaff ― Ja, durchaus. Für dieses Jahr ist eine Kooperation mit der BSIDE Gallery in Melbourne geplant. Wir teilen uns sozusagen einen Bildhauer. Die für Australien, ich für Deutschland. Dann gibt es in Madrid eine Produzentengalerie von einem befreundeten Künstler, mit dem wir ebenfalls eine Gemeinschaftsshow planen. Er schickt uns Werke von sich und anderen spanischen Künstlerinnen und Künstlern und öffnet im Gegenzug seine Pforten für unsere Sachen. Mit einer Galerie in Ulm haben wir mal eine Kooperation zum englischen Künstler James Oliver gemacht. Den haben wir herübergeholt und dann noch an eine dritte Galerie weiter gereicht. Das lief dann aber nicht so gut. Das war eine Highbrow-Galerie, und die haben irgendwann festgestellt, dass er einige seiner Bilder auch über Facebook verkauft – und dass sie davon keinen Schnitt sehen. Aber grundsätzlich sind wir für Kooperationen offen, es kommt ja immer mal wieder auch Kunstvolk aus anderen Bundesländern bei uns vorbei.
Trifft das auch auf Silkys Ausstellung zu?
Christian Pfaff ― Zum Gucken kommen sehr viele Leute rein, gerade am Wochenende. Wenn wir hier die Tür aufmachen, funktioniert das wie eine Fliegenfalle. Touristen aus aller Herren Länder fallen ein. Zu Silkys Ausstellung waren Galeristen aus Hamburg hier, aus Berlin und Bremen, und zu meiner ersten Ausstellung hier am Hafenrand ist praktisch die gesamte Hamburger Galerieszene gekommen. Am ersten Abend hatten wir 500 Leute hier. Die wollten mal schauen, was ich hier so mache. Meinen kleinen Gemüseladen in Altona hatten die ja nicht ernst genommen, aber wenn man mit so einem New-York-Format auftritt und 300 Quadratmeter in Top-A-Lage bespielt… Ich sage mal, aktuell habe ich eine der besten Galerielagen Hamburgs. Deshalb bin ich spätestens seit Januar auf dem Radar von ganz anderen Leuten. Sogar das ART-Magazin hat über uns und die Ausstellung geschrieben. Das ist auch für Underdogs wie uns schön.
„Aktuell habe ich eine der besten Galerie-Lagen Hamburgs.“
Christian Pfaff
Silky, wie hat dieser Laden denn auf dich gewirkt, als du ihn zum ersten Mal gesehen hat?
Silky ― Christian hatte mir ja schon von dem Raum erzählt. Klar mache ich, habe ich gesagt, aber als ich dann hier hereinkam, dachte ich: Oha, ganz schön groß! Da musste ich dann ja auch voll reinkloppen.
Du kommst ursprünglich aus Ganderkesee. Wie bist du zur Kunst gekommen?
Silky ― Meine Mutter würde jetzt sagen: Sie hat schon immer gern am Tisch gesessen und gemalt. Ich sage mal, ich war in der Schule keine so große Leuchte, aber immer schon gut in Kunst. Wenn ich gelobt wurde, dann dafür, schön zu malen und schön Musik zu machen. Das hat mir die Entscheidung leicht gemacht, diese Richtung einzuschlagen – auch wenn die anderen gemeint haben, das sei nur ein Hobby, kein Beruf. Zuerst wollte ich Grafik machen, habe aber schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist und ich frei arbeiten muss. Ich habe dann in Bremen studiert, und die Eltern waren froh, dass ich überhaupt einen Plan hatte. Wenn man etwas gern macht, kann man sich ja auch ordentlich dahinter klemmen. Von Bremen bin ich nach London gegangen, dann noch einmal zur Meisterschule wiedergekommen. Dann habe ich ein DAAD-Stipendium bekommen und bin 1996 noch mal nach London gegangen. Dann wieder zurück nach Bremen, 2005 dann nach Hamburg und 2013 nach Berlin.
Bist du denn noch manchmal in Ganderkesee?
Silky ― Ja klar, meine Eltern leben noch dort.
Sind sie denn mit dir und deinem Leben zufrieden?
Silky ― Ja, mittlerweile sind sie doch stolz auf mich. Auch schon seit längerem. Irgendwann haben sie halt gesehen, dass ich es ernst meine. Manchmal habe ich auch dort gearbeitet, weil die mehr Platz haben. Da haben sie gesehen, dass ich morgens aufstehe und bis abends durcharbeite und dass es doch nicht nur irgendeine Poferei ist.
Haben sie denn auch Werke von dir im Hause hängen?
Silky ― Ja, ein paar. Aber die Objekte passen nicht wirklich zur Einrichtung. Die sind eher mit Antiquitäten eingerichtet.
Wie lange arbeitest du an Objekten wie dem Flipper hier oder der Musikbox?
Silky ― Die benötigen schon mehr Zeit. Für das räumliche Denken muss ich eben selbst die Lösungen finden, und wenn ich mich mal versäge, muss ich wieder von vorn anfangen. Ich bin ein ziemlich ungeduldiger Typ, und alles soll immer gleich fertig werden. Dann passieren Fehler.
Was passiert mit den Sachen, wenn Ihr heute Abend alles abgebaut habt?
Christian Pfaff ― 34 Werke sind verkauft.
Silky ― Und mit dem Rest ist es nicht so dramatisch. Die Bilder lassen sich gut zusammenrollen. Für mich war immer schon die Mobilität wichtig. Und dass ich kein riesiges Lager brauche.
Christian Pfaff ― Einiges behalte ich hier. Am Ende des Jahres veranstalten wir ja immer die Tabula-rasa-Show. Da werden restliche Werke aller Künstler, die in diesem Jahr eingeladen waren, noch mal ausgestellt. Und da ich diesen Raum möglicherweise noch länger behalten kann, habe ich in diesem Jahr auch mehr Platz dafür. Für den Rücktransport braucht Silky jedenfalls nicht wieder einen großen Truck.