Lebensart GUT UND BÖSE…

GUT UND BÖSE…

Interview mit Tom Wlaschiha

…GIBT ES IM WAHREN LEBEN NICHT

Foto: Pino Petrillo

Es läuft gut für den Schauspieler Tom Wlaschiha. Hochwertige TV-Serien wie „Das Boot“, „Game of Thrones“ oder „Jack Ryan“ haben den Mann mit den einprägsamen Augen auch international bekannt gemacht. CHAPEAU traf ihn am Rande der Internationalen Filmfestspiele in Berlin und sprach mit ihm über seine aktuellen Projekte – und darüber, was Erfolg ausmacht.

Info – Tom Wlaschiha ist 1973 nahe Dresden in der damaligen DDR geboren. Obwohl man dort nur anderthalb TV-Kanale empfangen konnte, beschloss er schon als Jugendlicher, Schauspieler zu werden. Noch als Schüler absolvierte er ein Jahr in den USA und nach dem Abitur ein Schauspielstudium in Leipzig. Zu Beginn seiner Karriere spielte er Theater, u.a. in Dresden, Berlin, Zürich und Frankfurt. Fernsehrollen in „Die Gustloff“, „GSG 9“ „Tatort“ oder „Die Rettungsflieger“ machten ihn bundesweit bekannt. 2012 bis 2016 verkörperte er den Jaqen H’ghar in der Mega-Serie „Game of Thrones“. 2018 brillierte er auf dem Abosender Sky in der deutschen Erfolgsproduktion „Das Boot“, zu der gerade eine zweite Staffel gedreht wird. Staffel eins soll in diesem Jahr im ZDF laufen.

CHAPEAU: Die erste Staffel von „Das Boot“ ist sehr erfolgreich bei Sky gelaufen. Wie würdest du deine Rolle als Hagen Forster einem Zuschauer beschreiben, der die Serie bislang nicht sehen konnte?

TOM WLASCHIHA:
Anders als in dem Kinofilm von 1981 spielt unsere Geschichte nicht nur auf einem U-Boot. Es gibt einen zweiten Erzählstrang, der an Land spielt. Dort treibt dieser Hagen Forster sein Unwesen als Gestapo-Chef von La Rochelle. Er ist überzeugter Nazi und bekämpft die französische Widerstandsbewegung, die zum Zeitpunkt der Handlung 1943 schon sehr stark ist. Andererseits ist er sehr frankophil. Er liebt Frankreich, französisches Essen, französische Frauen und die französische Sprache. Aber perverserweise glaubt er, dass es Frankreich unter der deutschen Besatzung viel besser geht. Hagen Foster ist also ein zwiespältiger Typ, aber für einen Schauspieler ist es ein großer Spaß, solche Charaktere zu spielen. Man versucht, jede Figur als Menschen darzustellen, seine Motive und Beweggründe glaubhaft zu machen. Gut und Böse sind sehr simple und langweilige Kategorien. So etwas gibt es im richtigen Leben ja auch nicht.

Foto: Pino Petrillo

„Erfolg lässt sich nicht berechnen.“

CHAPEAU: Wie war die Stimmung am Set – wart Ihr ein gutes Team?

TOM WLASCHIHA:
Ja, das war ein sehr schöner Dreh mit tollen Drehorten in Frankreich und in Tschechien. Mit einigen Kollegen hatte ich auch vorher schon zusammengearbeitet, und es hat großen Spaß gemacht. Andreas Prochaska ist ein spannender Regisseur. Er hat die Geschichte in 110 Drehtagen am Stück abgedreht. Das war ein wahrer Kraftakt, und trotzdem gibt er dir als Schauspieler das Gefühl, dass du dich stark einbringen kannst und ihr die Szenen zusammen entwickelt. Das war eine schöne Erfahrung.

CHAPEAU: Was darf man über die zweite Staffel erfahren?

TOM WLASCHIHA:
Naja, das oberste Gebot bei allen Serien lautet nun mal: „Keine Spoiler!“ Es wäre ja auch langweilig, wenn ich die Story schon verraten würde. Nur so viel: Hagen Forster ist am Ende der ersten Staffel schwer verwundet worden. Aber ich drehe die zweite Staffel, also wird er wohl durchkommen. Es sei denn, ich spiele jetzt eine andere Rolle – den Zwillingsbruder von Hagen Forster, zum
Beispiel (grinst).

CHAPEAU: Haben die Dreharbeiten zu Staffel zwei denn schon begonnen – und wird gleich schon eine dritte Staffel mitgedreht?

TOM WLASCHIHA:
Jetzt drehen wir erst einmal Staffel zwei. Ich habe noch nicht einmal die Drehbücher erhalten, geschweige denn gelesen. Daran wird noch bis zum Schluss gearbeitet. Ich habe nur gerüchteweise gehört, wie es weitergehen soll, und bin sehr gespannt. Die Dreharbeiten fangen im März an, wieder in Frankreich, in Prag und auf Malta.

CHAPEAU: Mochtest du den alten „Boot“-Film von Wolfgang Petersen, und weißt du noch, wann du den zum ersten Mal gesehen hast?

TOM WLASCHIHA:
Das war im August 1990, und er hat mich sehr beeindruckt. Ich weiß es so genau, weil wir damals mit der Familie in München waren – unser erster Urlaub im „Westen“. An einem der ersten Tage haben wir das Bavaria-Studio besichtigt und eine Tour über das Filmgelände mitgemacht. Da war ich auch in dem Modell von diesem alten U-Boot und habe mir daraufhin den Film angeguckt. Der ist unglaublich gut, eine Ikone. Deshalb war es auch die richtige Entscheidung, kein Remake dieses Films zu machen, sondern eine andere Geschichte zu erzählen. Der Film steht für sich allein – und unsere Serie hoffentlich auch.

Foto: Pino Petrillo

CHAPEAU: Waren noch Leute aus der alten Besetzung an der neuen Serie beteiligt?

TOM WLASCHIHA:
Nein. Aufgrund der Serien-Struktur erzählen wir zwangsläufig eine andere Geschichte. Der Kinofilm ist in der Hauptsache ein Kammerspiel. Er spielt zu 90 Prozent in diesem U-Boot, und die klaustrophobische Enge erzeugt eine ganz spezielle Spannung. In der Serie haben wir versucht, ein breiteres Panorama zu erzählen und dem Zuschauer geschichtliche Zusammenhänge aus den 40er-Jahren zu vermitteln – auch, welche Rolle der U-Boot-Krieg gespielt hat.

CHAPEAU: Du hast die Enge an Bord eines U-Bootes erwähnt. Bekommt man da nicht auch als Schauspieler Anfälle von Platzangst?

TOM WLASCHIHA:
Ich werde leicht seekrank und war froh, dass meine Rolle an Land angesiedelt ist und ich nicht auf das U-Boot musste. Aber ich finde, dass die Enge und die Klaustrophobie auch in der Serie sehr gut rüberkommen. Ein Gefühl des Gefangenseins. Gerade in den letzten Kriegsjahren waren die U-Boot-Fahrten reine Himmelfahrtskommandos. Man hat dafür sehr junge Besatzungen rekrutiert. Die Leute waren teilweise gar nicht ausgebildet, aber sie wussten, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit nicht wieder zurück kommen werden. Eine extreme Situation.

CHAPEAU: Ist die erste Staffel auch bereits im Ausland gelaufen?

TOM WLASCHIHA:
Ja, sie wurde in über 100 Länder verkauft. Gerade ist sie in England gestartet, Amerika folgt demnächst. Aber auch aus Australien haben mich schon Leute angeschrieben. Wir sind sehr happy darüber, dass die Serie weltweit auf ein solches Interesse stößt.

CHAPEAU: Vor allem durch „Game of Thrones“ bist du mittlerweile weit über den deutschsprachigen Raum hinaus bekannt. Wo ist für dich als Schauspieler der Unterschied zwischen einer deutschen und einer internationalen Produktion?

TOM WLASCHIHA:
Naja, bis letztes Jahr hätte ich gesagt: Der Unterschied liegt beim Geld (Gelächter). Aber bitte keine Missverständnisse: Ich meine nicht meine Gage, sondern das Produktionsbudget. Nun hat „Das Boot“ ja auch ein relativ hohes Budget. Ich finde das auch deswegen gut, weil hier immer mehr internationale Koproduktionen ermöglicht werden. Als europäisches Land allein kann man solche riesigen Produktionen gar nicht stemmen. Das Geld diktiert die Produktionsbedingungen: Je größer das Budget, desto aufwändiger kann man drehen. Es ist wie in dem alten Sprichwort: „Zeit ist Geld“. Darüber hinaus aber gibt es keinen so großen Unterschied.

CHAPEAU: Keine Unterschiede in der Machart und in der Umsetzung?

TOM WLASCHIHA:
Das Wichtigste an einer Produktion ist das Skript. Wenn du ein gutes Drehbuch und dann noch ein ordentliches Budget hast, kannst du mit den richtigen Leuten vor und hinter der Kamera etwas Gutes daraus machen. Ich bin auch deswegen happy mit dem „Boot“, weil es zeigt, dass wir auch in Deutschland auf einem hohen internationalen Niveau Serien produzieren können. Es ist lange kritisiert worden, dass wir nicht in der gleichen Qualität wie die Amerikaner drehen. Aber einige deutsche Serien der letzten Jahre sind bereits international erfolgreich gelaufen, wie „Väter und Söhne“, „Vier Blocks“, „Ku’damm 56“, „Wanted“, „Dark“ oder „Babylon Berlin“. Da tut sich etwas.

CHAPEAU: Musstest du für die Dreharbeiten von „Game of Thrones“ auch nach Hollywood reisen?

TOM WLASCHIHA:
Das ist zwar eine rein amerikanische Produktion, aber gedreht wurde die komplett in Europa.

„Mittlerweile können wir auch in Deutschland Serien auf einem hohen internationalen Niveau produzieren.“

Foto: Pino Petrillo

CHAPEAU: Wirst du auch im Ausland auf der Straße als der Typ aus „Game of Thrones“ erkannt?

TOM WLASCHIHA:
Ja, das passiert oft.

CHAPEAU: Hat dich der Erfolg der Serie persönlich verändert?

TOM WLASCHIHA:
Nicht, dass ich wüsste. Ich bin jetzt seit mehr als zwanzig Jahren Schauspieler und weiß, dass man in diesem Beruf von vielen Faktoren abhängig ist: Glück, Zufall – und hoffentlich auch Können. Erfolg lässt sich nicht immer berechnen oder planen. Deswegen bin ich extrem dankbar, dass ich die Chance bekam, in „Game of Thrones“ mitzuspielen. Als Schauspieler lebt man ja auch vom Bekanntheitsgrad, und über eine Serie mit einem so großen weltweiten Erfolg steigt der natürlich. Das macht es im Moment sehr viel einfacher, weitere Angebote zu bekommen.

CHAPEAU: Ein kleiner Schwenk zu „Jack Ryan“. Du bist für eine Folge der neuen Staffel angekündigt. Trittst du da wirklich nur in einer Episode auf?

TOM WLASCHIHA:
Nein, ich habe eine durchgehende Rolle in der zweiten Staffel.

CHAPEAU: Du spielst da einen Max Schenkel. Was ist das für ein Charakter?

TOM WLASCHIHA:
Ich kann dazu nicht mehr zu sagen, als was schon zu lesen war. Max Schenkel ist ein ehemaliger BND-Agent, der sich irgendwann entschlossen hat, lieber auf eigene Rechnung zu arbeiten. Dabei gerät er in allerlei Verwicklungen, und seine Wege kreuzen sich auf die eine oder andere Art mit dem Titelhelden Jack Ryan.

CHAPEAU: Musstest du dich auf diese Rolle intensiv vorbereiten?

TOM WLASCHIHA:
In diesem Fall brauchte es keine spezielle Vorbereitung. Allerdings ist „Jack Ryan“ sehr actionlastig. Das fand ich ganz spannend, weil ich so etwas noch nie gemacht hatte. Und zum Reiz der Serie gehört auch, dass sie sehr international ist. Sie spielt immer in verschieden Ländern auf verschiedenen Kontinenten. Wir haben zum Beispiel in Kolumbien gedreht, in Bogota auf 3000 Meter Höhe. Dort musste ich sehr viel rennen, und das ist auf der Höhe nicht so einfach, wie ich mir das vorgestellt hatte. Da bin ich schon ein bisschen außer Atem gekommen, zumal ich vorher auch nicht viel Zeit zum Akklimatisieren hatte.

CHAPEAU: Also bist du nicht unbedingt sportlich veranlagt?

TOM WLASCHIHA:
Überhaupt nicht (lacht)!

CHAPEAU: Das sieht man dir aber nicht an.

TOM WLASCHIHA:
Deswegen bin ich auch Schauspieler (Gelächter).

CHAPEAU: In dem Beruf hast du ja auch schon eine große Erfahrung. Würde es dich reizen, mal ein Drehbuch zu schreiben oder Regie zu führen?

TOM WLASCHIHA:
Der Gedanke ist sicher reizvoll. Allerdings habe ich an jedem Set und bei jeder Rolle, die ich spiele, immer noch das Gefühl, dass ich als Schauspieler noch ganz viel dazulernen kann. Ich weiß auch, wie anstrengend Drehbuchschreiben und Regieführen sind. Mit Ken Duken habe ich „Berlin Falling“ gedreht, und er hat gleichzeitig gespielt und Regie geführt. Da hast du dann für wirklich alles die Verantwortung am Set. Ich habe meistens mit mir selbst und meiner Rolle genug zu tun. Aber wer weiß – vielleicht irgendwann in der Zukunft.

CHAPEAU: Liest du viel – und welche Themen reizen dich?

TOM WLASCHIHA:
Wenn ich eine interessante Rezension lese, besorge ich mir das Buch und lese es. Die Themen gehen wirklich querbeet. Zuletzt habe ich zwei Bücher gelesen, die ganz unterschiedlich den DDR-Alltag zum Thema haben – so, wie ich ihn teils auch noch erlebt habe. Einmal „Kaltes Wasser“ von Jakob Hein und dann „Verwirrnis“ von Christoph Hein, seinem Vater. Zwei wirklich sehr gute Bücher.

CHAPEAU: Du spielst ja auch am Theater. Welche Rollen bevorzugst du auf der Bühne?

TOM WLASCHIHA:
Ich habe früher sehr viel Theater gespielt, aber seit fast zehn Jahren schon nicht mehr. Es ist schwierig, Film und Bühne zeitlich unter einen Hut zu bringen. Aber ich habe keine Lieblingsrollen und auch kein Lieblingsgenre. Jede Aufgabe ist interessant, und der Reiz an dem Job ist ja gerade, dass man sich in verschiedenen Dingen ausprobieren kann.

Foto: Pino Petrillo

CHAPEAU: Du sollst ein großer Fan der Automarke Alfa Romeo sein. Hast du einen – oder sogar mehrere?

TOM WLASCHIHA:
(Lacht) Ja! Ich liebe Alfas und habe seit 15 Jahren selbst einen.

CHAPEAU: Einen Spider?

TOM WLASCHIHA:
Einen GTV. Das ist quasi der Bruder vom Spider. Und im Moment fahre ich eine Giulia Quadrifoglio. Das sind für mich Kunstwerke. Ein absolut schönes Design, super funktional, minimalistisch und sportlich. Generell mag ich es im Leben eher puristisch. In der Architektur, bei der Wohnungseinrichtung. Gerade Linien, schwarze Pullover. Nichts, was ablenkt.

„Als Schauspieler ist man von vielen Faktoren abhängig: Glück. Zufall – und hoffentlich auch Können.“

CHAPEAU: Du bist viel unterwegs. Geht das auf Kosten des Privatlebens, oder willst du aus Prinzip nichts über deine Privatsphäre an die Öffentlichkeit bringen?

TOM WLASCHIHA:
Ich finde mein Privatleben nicht so interessant, dass ich das unbedingt mit der Öffentlichkeit teilen möchte. Und ich finde auch wichtig ist, dass man sich einen Rückzugsort erhält.

CHAPEAU: Wo fühlst du dich zuhause?

TOM WLASCHIHA:
Wenn, dann in Berlin. In den letzten Jahren war ich ja viel unterwegs, und dann bekomme ich ein bisschen Sehnsucht nach dieser Stadt. Aber wenn ich wieder hier bin, muss ich nach spätestens sechs, acht Wochen wieder weg. Dann habe ich das Gefühl, das etwas Neues kommen muss. Ich brauche wieder ein neues Abenteuer.

CHAPEAU: Wie sieht’s mit der Küche aus? Kochst du gerne selbst, oder gehst du lieber ins Restaurant?

TOM WLASCHIHA:
Kochen hat für mich etwas Meditatives, das habe ich in letzter Zeit für mich entdeckt. Ich stehe gern in der Küche und möchte mir dann auch nicht helfen lassen. Einen Stern würde ich dafür aber nicht bekommen.

CHAPEAU: Vielen Dank für das Gespräch!

TATORT:
Gorki Apartments

Weinbergsweg 25,
10119 Berlin
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Make-Up:
Dr. Hauschka

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Kategorie: Lebensart
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