
Reisen Venezia – La Unica
Venezia – La Unica
Einzigartiges Venedig
Einzigartiges Venedig
Text: Gabriele Mann / Fotos: Contentley Media
Die Lagunenstadt im Norden Italiens zieht die ganze Welt magisch in ihren Bann. Mit einigen Blessuren hat Venedig auch die ersten drei Wellen der Corona Pandemie überstanden – und zeigt jetzt auch das Gute am Schlechten: die Kreuzfahrtriesen, deren Tidenhub massive Schäden unter den fundamentalen Konstruktionen Venedigs anrichtete, sind verschwunden.
Info – Den Beinamen „La Serenissima“ – die Durchlauchtigste – trägt die Hauptstadt der Region Venetien im Norden Italiens nicht zu Unrecht. Das historische Zentrum verteilt sich auf mehr als 100 Inseln in der Lagune. Von den knapp 415 km2 Gesamtfläche der Stadt sind fast 258 km2 auf dem Wasser. Bis ins 16. Jahrhundert war Venedig eine der wichtigsten Handelsmetropolen mit einer gewaltigen Handels- und Marineflotte und die Republik Venedig bis ins späte 18. Jahrhundert mit 180.000 Einwohnern eine der größten Städte Europas. Heute wohnen dort etwa 260.000 Menschen, überwiegend in Stadtteilen auf dem Festland. Venedig gehört seit 1987 zum UNESCO-Weltkulturerbe und ist eine der meist bereisten Städte der Welt.
Die Anreise mit dem Flugzeug ist ohnehin beeindruckend genug und bietet uns gleich bei der Landung einen phantastischen Überblick über Venedig und Umgebung. Landet man hier gefühlt schon direkt auf dem Wasser, so schalten wir spätestens bei der Taxifahrt zum Hotel auf Urlaubsmodus und befinden uns in einer komplett anderen Welt… vorbei an durchnummerierten Holzpfählen, auf denen jeweils immer eine Möwe sitzt, geht es auf genau vorgegebenen Fahrrinnen in die Stadt. Venezianische Palazzi in herrschaftlicher Bauweise und prächtigen Farben ziehen rechts und links an uns vorbei, die Rialtobrücke mit ihren vielen kleinen Geschäften begrüßt uns, von der komplett aus Holz konstruierten Academia-Brücke photographieren uns flanierende Fußgänger und halten uns wohl für die Vorboten der alljährlichen stattfindenden Internationalen Filmfestspiele von Venedig – diesen September bereits zum 78. Mal. Wir sind gemütlich unterwegs neben anderen Booten, die hier mit maximal 7 km/h fahren dürfen – eben damit sich das Wasser im Canale Grande nicht zu sehr bewegt und die Pfahlkonstruktionen, auf denen sämtliche Palazzi erbaut sind, keine „Luft“ bekommen, die das Holz porös machen würde. Busboote, Rivaboote als Taxis, Gondolieri und kleine Transportboote teilen sich in entspanntem Tempo die wohl bekannteste Wasserstraße der Welt.

San Pietro di Castello mit venezianischer Altana im Vordergrund
Wir nutzen den verbleibenden Nachmittag für einen Spaziergang durch die venezianischen Gassen und landen dann unweit des Markusplatzes zu unserem ersten Aperitivo – dem klassischen Bellini – in Harrys Bar (1). Dies ist eigentlich ein Restaurant – und zwar das des Erfinders des Carpaccio Classico, dem Gastronomen Giuseppe Cipriani. Der „Bellini“ ist ein erfrischender Drink aus Prosecco und weißem Pfirsichpüree, das seit den 30er Jahren im mondänen Venedig als beliebter Tagesabschluss genossen wird. Dazu gibt es kleine Sandwiches, Oliven und die berühmten Hähnchenfrikadellen. Unser Blick schweift immer wieder über die ankommenden Gäste, die sich in diesen Zeiten zunächst mit einem „Greenpass“ legitimieren müssen, um die Bar betreten zu dürfen. Auch vor den diversen Restaurants und Hotels in Venedig machen die uns aus Deutschland geläufigen Corona Regeln nicht Halt. Der Name Cipriani begegnet uns in Venedig immer wieder: sei es auf der Giudecca, im Belmond Hotel Cipriani (2), oder am anderen Ende der Insel in Harry’s Dolci (3) direkt am Wasser oder auf der ältesten besiedelten Insel der Lagune in der Locanda Cipriani auf Torcello.
Zum Abendessen bleiben wir direkt in der Nähe im Restaurant Ombra del Leone (4), im Schatten des Löwen, der übrigens das Wahrzeichen der Stadt ist. Das Restaurant liegt auf einem Holzsteg am Eingang des Canale Grande, zusammen mit dem offiziellen Zentralbüro der Biennale di Venezia. In Venedig wechseln sich jährlich die Biennale Arte und die Biennale Architettura ab – so treffen sich in diesem Jahr Architekten aus allen Ländern in den berühmten Giardini und anderen über die Stadt verteilten Palazzi, um sich internationale Entwürfe anzuschauen zum Thema „How will we live together?“. Bei herrlicher Pasta mit rohen roten Gambas und frischem Thunfischtartar schauen wir auf die letzten Sonnenstrahlen, die auf den leisen Wellen des Canale Grande tanzen. Verliebte Paare ziehen auf abendlichen Fahrten mit traditionell gekleideten Gondolieri, die gekonnt ihre gepflegten schwarzen Gondole durch die funkelnden Wellen steuern, an uns vorbei.

Typisch Ferragosto: Geschlossene Läden auf der Rialtobrücke
Je später es wird, desto höher steigt unter unseren Füßen das Wasser – unbedingt beachten also: keine Taschen auf den Boden stellen! Durch das berüchtigte Aqua Alta kann es abends durchaus zu nassen Füßen unter dem Tisch kommen. Manchmal muss ein Umweg genommen werden, um vom Restaurant aus wieder nach Hause zu gehen. Wir beeilen uns, um nicht unser letztes Boot zum Hotel zu verpassen und werden zu später Stunde noch selbst Teil des Schauspiels aus vielen kleinen Booten, die sich nachts geschickt durch die Lagune bewegen. Und als wir vom Boot aus in den Sternenhimmel schauen, zieht direkt über unseren Köpfen eine Sternschnuppe vorbei. So geht unser Ankunftstag in Venedig mit einem Herzenswunsch zu Ende.
Am nächsten Morgen starten wir tatsächlich früh. Am Lido di Venezia wecken Sonnenstrahlen die ersten Schwimmer des Tages. Die meisten Einheimischen sind um diese Zeit noch nicht unterwegs und so haben wir das Gefühl, uns gehört der Strand vor der Lagune jetzt gerade ganz alleine. Wir genießen das Bad in den angenehm warmen Wellen und erfrischen uns für den Tag. Anschließend beginnen wir in der Bar von Fabio, La Dolce Vita (5), die eigentlich eine der besten Gelaterien Venedigs ist, mit einem herrlichen Cappuccino und dem wohl besten frisch gepressten Orangensaft, den man sich nur denken kann. Nebenan wird schon emsig aufgebaut für die in Kürze stattfindende „Mostra Internazionale d’Arte Cinematografica“. Für dieses Event verfällt der Lido di Venezia jedes Jahr für einige Tage Anfang September in einen Ausnahmezustand. Es ist ein faszinierendes Schauspiel, wenn Filmgrößen aus aller Welt vor dem herrschaftlichen Hotel Excelsior in großer Robe aus den auf Hochglanz polierten Riva-Booten steigen. Das Filmfest in Venedig ist neben Cannes das bekannteste und es war auch das erste der Welt.

Einfahrt zum Hotel Excelsior
„Je später es wird, desto höher steigt unter unseren Füßen das Wasser.“
Aber heute ist hier noch alles in Vorbereitung und so können wir ganz beruhigt in Richtung Markusplatz starten. Wir sind beeindruckt von der Pracht, die uns hier empfängt. Doch wir haben zunächst ein anderes Ziel: den sonntäglichen Gottesdienst im Markusdom – auch in Corona Zeiten sogar mit Chor und natürlich viel Weihrauch. Schnell gehen wir hinter zwei venezianischen Damen her durch den Nebeneingang direkt in die Basilika. Drinnen gibt es nur wenige Plätze – aber vielleicht genau diese Tatsache lässt in uns Ehrfurcht aufsteigen und Dankbarkeit, dass wir diesen besonderen Moment hier erleben dürfen. Vor uns schwankt ein riesiger Leuchter, der in großer Höhe von der Kuppel abgehängt ist, ein bis zwei Meter nach links und dann wieder nach rechts, mal mehr, mal weniger. Diese Bewegung ist keinem Luftstrom zu verdanken – vielmehr „schwanken“ die gesamten Fundamente unter der Hauptinsel permanent. Dieses Phänomen ist ein typisch venezianisches. Während der Messe schweifen unsere Blicke über prachtvolle Intarsien, venezianische Mosaikböden und es fallen die byzantinischen Elemente in der christlichen Kathedrale auf. Venedig war von jeher ein begehrter Ort, der immer wieder von Invasionen heimgesucht wurde. So etwa entstand auch der heute unverkennbare Palladio-Stil, der das Aussehen vieler Villen prägt, und so erklärt es sich auch, dass etwa in der kleinen Marienkapelle des Markusdoms mehr als zwanzig osmanisch anmutende Leuchter hängen und eine mystische Atmosphäre um die berühmte Madonna Nicopeia aufkommen lassen.

Sonnenaufgang am Lido
Beeindruckt von der überdimensionalen Kathedrale gehen wir erst einige Schritte über den Markusplatz wieder in Richtung Wasser und entlang der Promenade vorbei am Dogenpalast. Zu unserer Linken fällt unser Blick auf die um diese Zeit noch recht spärlich besuchte „Ponte dei Sospiri“, die sogenannte Seufzerbrücke. Über diese Brücke wurden im alten Venedig verurteilte Straftäter vom Dogenpalast aus zur Haft oder sogar zu ihrer Hinrichtung im damit verbundenen Gefängnis geführt. Sie warfen von hier aus dann einen letzten Blick in die Lagune in Richtung Freiheit und taten dies wohl mit einem leisen Seufzen.
Auch uns gefiel der Blick in Richtung Freiheit so gut, dass wir auf die Idee kamen, von einem höheren Aussichtspunkt das Panorama der Lagune zu genießen. Und wo geht das besser als beim sonntäglichen Brunch auf der Dachterrasse des Hotels Danieli (6), das schon als Drehort für viele Filmklassiker diente, u. a. The Tourist, James Bond. Zu unserem Panoramablick schmeckte uns ganz besonders gut eine wunderbare Fischsuppe, die auf einem speziell konstruierten Herd vor einem großen Sonnenkollektor zubereitet worden war. In diesem Moment lag uns quasi ganz Venedig zu Füßen: von den Ausläufern der grünen Giardini Arsenale über den Segelhafen Sant Elena, in der Ferne der langgezogene Lido di Venezia, die kleine Insel mit der Santa Maria Maggiore Kirche, die Insel Giudecca mit ihren vielen Cafés und Restaurants direkt am Wasser, die Punta Dogana mit der Santa Salute Kirche bis hin wieder zu den Anlegestellen der Gondolieri und vielen verschiedenen Booten vor der Piazza San Marco. Angenehm gesättigt von mediterraner Küche und unserem Lagunenblick aus der Vogelperspektive schlendern wir weiter durch das Viertel hinter dem Markusdom und schauen Gondolieri bei ihrer wohlverdienten Pause in der Baccara Risorto Bar über die Schulter. Es gibt natürlich Prosecco con ghiaccio oder eine „Birra Moretti“, dazu einige Cicchetti, kleine Häppchen mit Fisch, Schinken, Kabeljaucreme oder vegetarische Varianten.

Ponte dei Sospiri (Seufzerbrücke)
„Boote dürfen den Canale Grande mitmaximal 7 km/h befahren.“
Venedig kann man nicht planen – man muss es erleben. So ergeben sich immer wieder spannende Perspektiven. Am Ende der Via Garibaldi, der Haupteinkaufsstraße des Sestiere Castello geht das Leben auf einmal ganz anders zu: so treffen sich Einheimische zu ihren täglichen Einkäufen am Gemüseboot (7), einem schwimmenden Marktstand, von denen es über Venedig verteilt, mehrere gibt. Und noch einige Schritte weiter geht es plötzlich nur noch über eine einzige Brücke weiter: in die äußerste Siedlung von Castello verirrt sich kaum noch ein Tourist. Hier gibt es keine Läden, keine Hotels und keine Restaurants. Nur venezianische Häuser, zum Teil mit prächtigen Altanas (typisch venezianische Dachterrassen) und eine davon liegt direkt im Schatten einer Kirche, die noch älter ist als der Markusdom: die Basilika San Pietro di Castello. Dieser eigene Stadtteil innerhalb Castellos, der einst Olivolo hieß, war die erste befestigte Ansiedlung im Stadtzentrum von Venedig. Von hier aus geht es zu Fuß nicht mehr weiter. Man muss entweder den ganzen Weg zurück um die Marina Militare herum auf sich nehmen oder man hat das Glück, unterhalb der Fußgängerbrücke an einen freundlichen Taxibootfahrer zu geraten. Dieser nimmt uns tatsächlich mit nach Cannaregio, einem weiteren Stadtteil (Sestiere = es gibt sechs Hauptinseln in Venedig). In Cannaregio leben tatsächlich noch viele Ur-Venezianer. Hier stehen vereinzelt Villen mit verhältnismäßig großen Gärten. An zwei „Fondamenten“ reiht sich eine Bar an die andere. Unserem Bootsführer Marco gefällt die Stimmung an Bord so gut, dass er uns noch weitere Aussichten von der Wasserseite zeigen möchte. So erhalten wir Einblicke in gemütliche Restaurants mit blumenberankten Terrassen, prachtvoll renovierte Palazzi, Fassaden mit morbidem Charme und erhaschen auch einen kurzen Blick in die schmalste Straße von Venedig.

Gondola Figur
Nach einer kurzen Passage über den Canale Grande und einer Stippvisite im legendären Hotel Aman (8), in dem schon George Clooney Hochzeit mit seiner Partnerin Amal Al Amoudi feierte, biegen wir in das Studentenviertel Dorsoduro ein. Hier befindet sich neben der Universität und so manchem Museum Venedigs auch die einzige innerstädtische Gondola-Werft (9). Hier kann man tagsüber Reparaturarbeiten an den klassischen Barken beobachten. Abends treffen sich Studenten, Einheimische und Touristen gerne in der Enoteca Schiavi (9) oder ein paar Meter weiter zu Aperitivo und Cicchetti – aber Vorsicht: seit Venedig das Problem der allzu zahlreichen Tauben vermeintlich in den Griff bekommen hat, ist die Nahrungskette an die Möwen weitergegangen. Diese holen sich nicht selten im Sturzflug ihre Beute, vorzugsweise gerade frisch erworbene Cicchetti, die der ahnungslose Tourist ganz stolz auf dem kleinen Papptellerchen vor sich her aus der Bar heraus balanciert, um sie an der frischen Luft zu genießen. Wir fahren schnell weiter, überqueren den Canale di Giudecca zum letzten Sestiere unserer heutigen Rundtour. Einmal wollen wir uns wie Filmstars fühlen und nehmen einen Drink an der Poolbar im berühmten Hotel Belmond Cipriani, einem der wenigen Hotels in Venedig, das überhaupt über einen Pool verfügt und weitgehend von der Öffentlichkeit abgeschirmt ist. Heute herrscht noch die Ruhe vor dem Sturm. Zu Filmfestzeiten geben sich hier die Stars ein Stelldichein. Ganz in Ruhe unter sich. Für uns geht es weiter an die dem Stadtzentrum zugewandten Seite der Giudecca. Im „Tre Occhi“(10), einem Gebäude, das durch die Anordnung seiner Fenster so aussieht, als hätte es drei Augen, befindet sich derzeit eine Photoausstellung des herausragenden italienischen Photoreporters Mario de Biasi, in der er von 1947 bis 2003 berühmte Charaktere in deren Alltag portraitiert hat, unter anderem Moira Orfei, wie diese in Mailand eine zentrale Straße herunter flaniert und die verstohlenen Blicke einer Gruppe männlicher Bewunderer auf sich zieht. Dieses 1954 entstandene Photo entstand für das Magazin Bolero Film und ist zugleich das Titelbild der Ausstellung „The Italian Metamorphosis 1943-1968“ im Guggenheim Museum in New York gewesen. Die von Enrica Viganò kuratierte und 256 Werke umfassende Ausstellung in dem Haus mit den drei „Augen“ ist eine Hommage an Biasis Talent in all seinen Facetten. Seine Arbeiten sind eine Hymne auf das Leben.
Langsam geht die Sonne schon in ihre blaue Stunde über. Mit Marco nehmen wir wieder Fahrt auf: durch die bunten Wasser-Gassen von Burano und Murano fahren wir abends ganz heraus aus der Stadt. Marco hat einen Freund auf Sant Erasmo, einem gemütlichen Eiland vor den Toren der Stadt. Es ist längst kein Geheimtip mehr, dafür sind schon zu viele Gäste hier. Sie nehmen zuerst einen Aperitivo im Garten des kleinen Agritourismo und entscheiden sich dann meist, an der langen Tafel Platz zu nehmen und zum Abendessen zu bleiben. Uns fordern die Zanzare (venezianische Moskitos) zum Weiterziehen auf. Was aber nicht tragisch ist. Letzten Endes verbringen wir bei perfekt gerührtem Risotto und knusprigem Fritto di Pesce in Begleitung eines herrlich gekühlten Ribolla Gialla aus dem Veneto den Abend auf der Insel Torcello, in der Osteria al Ponte del Diavolo (11). Die Rückfahrt durch die nächtliche Lagune lässt uns ruhig und andächtig in den Sternenhimmel blicken. Dankbar über Gesehenes und Erlebtes. War das wirklich erst der zweite Tag auf diesem faszinierenden Fleckchen Erde?

Gondola Überfahrt am Traghetto Giglio
Venedig hat unendlich viel Architektur, Kunst und Geschichte zu bieten. Aber selbstverständlich soll es hier auch zahlreiche Luxuslabels, Boutiquen, Leder- und Glasmanufakturen geben, nicht zu vergessen, die kleinen Papeterien mit handgeschöpften Kreationen, Bettwäsche und Handtücher, Schmuck und vielem mehr. Kaum in San Marco gestartet, erfahren wir, dass Missoni seine Türen geschlossen hat während der Pandemie. Dafür ist der Flagshipstore des venezianischen Sneaker Labels Golden Goose jetzt eingezogen. Heute können wir unter der Aufsicht ihres Chefdesigners aus den ohnehin schon stylischen Tretern noch eigene Kunstwerke machen. Uns reichen zusätzliche „Laces“ in anderen Farben zum „Umstyling“.
Vorbei an Etro, Hermes, Louis Vuitton, Prada, Bottega Veneta und anderen Größen des Luxussegments schlendern wir in Richtung Theatro de la Fenice. Kurz vorher rechts eingebogen stehen wir vor der Damen- und Herren-Version der Boutique Pot-Pourrì (12), einem venezianischen Familienunternehmen, in dem die „Mamma“ mit 72 Jahren für die Kleiderentwürfe verantwortlich ist, und Malika, die jüngere der beiden Töchter, die täglich selbst im Verkauf stehen, für die Blazer- und Mantelkreationen. Sie haben Kunden auf der ganzen Welt. Dies war in der Pandemie ihre Rettung: Pakete für Stammkunden verschicken, teilweise bis nach Dubai. Sie verkaufen „nebenbei“ Premiumlabels wie Herno und Faliero Sarti, ihr Hauptaugenmerk liegt aber auf eigenen Entwürfen. Vor diesen verneigt sich sogar Loro Piana neben anderen Branchenpartnern.
Nach soviel modischem Input gönnen wir uns einen kühlen Prosecco im „Chat Qui Rit“ (13). Dazu gibt es hier keine Cicchetti, sondern warmes Brot mit Butter und Kaviar. Einige italienische Gastgeber rümpfen die Nase über den Cicchetti- und Aperol Spritz-Wahn, dem viele Venedig-Besucher anhängen. Manchmal findet sich draußen sogar eine Tafel, auf der zu lesen ist: „No Cicchetti and no Spritz to go!“… Die Resto-Bar mit der lachenden Katze ist ganztägig geöffnet und liegt recht unscheinbar in einer Seitenstraße der Piazza San Marco.
Wer den Kleiderschrank schon voll hat aber seine Bettwäsche und Handtücher nicht mehr so recht up to date findet bzw. etwas Edles und Besonderes sucht, der wird bei „FRETTE“ (14) fündig. Hochwertige Bettwäsche in drei Qaulitäten, flauschige Luxus-Handtücher in aktuellen Saison-Farben gibt es bei dem seit 1860 bestehenden Familienunternehmen, das seine Ursprünge in Monza und Mailand hat, zu kaufen.
Brillen für den entscheidenden Durchblick gibt es bei dem italienischen Familienunternehmen Ottica Mantovani (15). Hier werden seit 1891 hochwertigen Markenbrillen verkauft und eigene komplett intern hergestellt. Für die hauseigene Kollektion, die auch Elton John gefällt, zeichnet die 82-jährige Mutter der Inhaberfamilie, Mariella Carlon, nach wie vor verantwortlich. Bei Mantovani gibt sich seit jeher eine Riege prominenter Kunden die Klinke in die Hand. Sie statteten unter anderem bereits Peggy Guggenheim mit extravaganten Entwürfen aus.
„Giobagnara ist heute einer der exklusivsten Hersteller für Leder-Interieur.“
Wir spazieren gemütlich weiter in Richtung Piazza Santo Stefano, vorbei an vielen kleinen Lädchen, erstaunlich viele sind hier noch inhabergeführte Manufakturbetriebe, die ihre Ware selbst verkaufen. Aber auch hier mussten in der Pandemie einige schließen und sind teilweise durch chinesische Imitatgeschäfte ersetzt worden.
Dennoch es gibt sie – jetzt ehrgeiziger denn je: Die weltweit expandierenden sehr erfolgreichen italienischen Familienunternehmen, die in den letzten Jahren an die nächste Generation weitergegeben worden sind und mit viel Elan und neuen Ideen den Markt weiter für sich erobern. Ein Beispiel ist die Manufaktur GioBagnara (16), die exklusive Interieurprodukte herstellt. Erst 2015 hatte Giorgio Bagnara sein Lederportfolio durch den Zusammenschluß mit dem Sattelleder Spezialisten Rabitti 1969 erweitert. Heute, ca. zwanzig Jahre nach der Gründung des Unternehmens, ist das Unternehmen Giobagnara einer der exklusivsten Leder-Interieur-Hersteller der Welt und präzise auf Expansion eingestellt.
Ein paar Schritte weiter finden wir an der lebendigen Piazza San Stefano eine weitere Ledermanufaktur. Raggio Venezaino (17) hat sich allerdings ausschließlich auf die Kleinproduktion von Ledertaschen und Portemonnaies spezialisiert. Diese kann man aus einer großen Auswahl an Farben und verschiedenen Lederqualitäten für sich anfertigen lassen oder schon angefertigte erwerben.
Anschließend lassen wir uns zu einer kleinen Mittagspause beim Nachbarn nieder. Il Doge Morosini (18) verwöhnt uns mit köstlich lauwarmem Pulposalat und zwei verschiedenen Pasta: alla Norma mit Auberginen, Tomaten und geräuchertem Ricotta und frischen Spaghettini Vongole. Dazu ein kühler Suave aus der Region und zum Abschluß gibt es einen Café Macchiato, bei dem unsere Blicke über die Piazza San Stefano schweifen – bereit für weitere Stadtstreifzüge.
Wir entscheiden uns für einen Gang über die Akademia Brücke, um noch in der Glasmanufaktur Micheluzzi (19) vorbei zu schauen. Die Glaskunstwerke von Massimo Micheluzzi folgen der Vetro-Tradition der Insel Murano, die bekannte Namen wie Venier und Seguso hervorgebracht hat. Micheluzzis Handschrift ist modern und ästhetisch. Gleichzeitig lässt er sich von der Wasserumgebung seiner Galerie inspirieren und experimentiert mit diversen Formen und Farbgebungen für seine Skulpturen. Dabei gerät trotzdem die praktische Verwendung seiner Objekte im täglichen Leben nicht außer Acht.
Apropos tägliches Leben: eine der schillerndsten Persönlichkeiten des mondänen Venedig war zweifelsohne die Kunstsammlerin und -förderin Peggy Guggenheim. In ihrem Pallazzo Venier dei Leoni, den sie für kleines Geld in unfertigem Zustand anno 1949 erwarb, weil sich abgesehen von ihr damals keiner so richtig an das Gebäude heran traute, lebte sie drei Jahrzehnte lang direkt am Canale Grande. Aus der Not machte sie eine Tugend und verzichtete auf den Aufbau weiterer Etagen des Hauses. Vielmehr genügte ihr die Belletage und oben drauf errichtete sie einfach die größte Dachterrasse, die es wohl direkt zentral dort jemals gegeben hat. Heute ist ihr damaliges Wohnhaus ein Museum. Die Fondazione Peggy Guggenheim (20) zeigt Werke, die Peggy Guggenheim während ihres bunten Lebens in und mit der Kunstszene eigenhändig gesammelt hat. Sie war beispielweise einige Jahre mit Max Ernst verheiratet. Aber auch Werke von Braque, Giacometti, Kandinski, Mirò und Paul Klee lassen sich hier bewundern. Dabei kann man auch heute noch gut nachempfinden, wie die bekannte Grand Dame in ihrem einzigartigen Palazzo gelebt hat. Mit kleiner Familie und vor allem aber auch mit ihren zwölf Hunden, die sie im Laufe ihres Lebens bei sich hatte – und die alle im Garten des Palazzo ihre letzte Ruhestätte gefunden haben – direkt neben Peggy Guggenheims eigenem Grab.

Gemüseboot
Nach einem beeindruckenden Nachmittag lassen wir uns am „Traghetto Giglio“ von einem freundlichen Gondoliere für zwei Euro über den Canale Grande zurück auf die San Marco Insel bringen. Dort nehmen wir einen letzten Aperitivo in der Bar des Hotel Gritti (21), um die Nachmittagsatmosphäre auf dem Canale Grande zu beobachten: Transportboote, Busboote, Taxis, Godole aber auch mal eine Ambulanzia, die hier als einzige schneller fahren darf, schippern an uns vorbei. In ein paar Wochen werden hier Stars wie die US-Schauspielerin Zoe Saldana (Avatar, Guardians of the Galaxy, Star Trek) mit ihrer Familie beim Aperitivo sitzen. Die Filmfestspiele verwandeln Venedig jedes Jahr Anfang September in eine noch internationalere Kulisse als sie es ohnehin das ganze Jahr ist. Wir genießen unseren „Negroni Sbagliato“ und ein Paar knackige Chips und Oliven und überlegen uns, wo wir den Tag ausklingen lassen können.
Unsere Wahl fällt auf ein recht bekanntes Restaurant hinter der Piazza San Marco. Das „Do Forni“ (22) kann man schnell verfehlen, denn es hat einen unscheinbaren Eingang. Drinnen machen sich zwei herrschaftliche Räume auf, in denen es Fischspezialitäten höchster Qualität gibt. Ob nun „Crudo di Mare“, rohe Meeresfrüchte oder gegrillter Fisch aller Couleur: mitten in Venedig eine der besten Adressen für Fisch. Und zum Abschluss werden wir mit einer riesigen Schüssel überrascht, in der auf überproportional viel Eis einige große Erdbeeren ruhen, in der Mitte ein wolkiges Sahnehäubchen. Wir müssen ein wenig schmunzeln. Auch dies ist wieder typisch Venedig: immer für eine Überraschung gut, alles außer gewöhnlich, immer eine Reise wert.
Auch bei der Übernachtung haben wir die Qual der Wahl: zurück zum Lido in das mondäne Grand Hotel Excelsior (23) direkt am Strand oder lieber in eine kleine gemütliche Unterkunft mitten in der Stadt an einem Seitenarm des Canale Grande, zum Beispiel die Pensione Accademia (24), die gemütlich eingerichtet ist und rundum freundlichen Service nach alter Schule bietet? Wie auch immer wir uns entscheiden… wir freuen uns schon jetzt auf einen letzten Drink, bei dem wir das Erlebte Revue passieren lassen und auf den nächsten Morgen in dieser traumhaften Stadt. Für heute sagen wir: Buona Notte e Sogni d’oro.
Info – Unsere „Dolce Vita“-Lieblinge:
(1) Harry’s Bar
Calle Vallaresso 1323, 30124 Venezia
T: +39 041 528 5777, cipriani.com
(2) Harry’s Dolci
Fondamenta S. Biagio 773, 30133 Venezia
T: +39 041 522 4844, cipriani.com
(3) Belmond Hotel Cipriani
Giudecca 10, 30133 Venezia
T: +39 041 240 801, belmond.com
(4) Ristorante Ombra del Leone
Sestiere San Marco 1364, 30124 Venezia
T: +39 041 241 3519, ombradelleone.com
(5) Gelateria La Dolce Vita
Lungomare Guglielmo Marconi 32
30126 Lido di Venezia
T: +39 338 232 3388
(6) Hotel Danieli
Riva degli Schiavoni 4196, 30122 Venezia
T: +30 041 522 6480, marriott.com
(7) Gemüseboot Castello oder Dorsoduro
Campo San Barnaba/ Ponte dei Pugni, 30123 Venezia
(8) Hotel Aman
Palazzo Papadopoli
Calle Tiepolo Baiamonte 1364, 30125 Venezia
T: +39 041 270 7333, aman.com
(9) Gondola Werft schräg gegenüber Enoteca Schiavi
Fondamenta Nani 992, 30123 Venezia
T: +39 041 523 0034, cantinaschiavi.com
(10) Casa dei Tre Occhi
Fondamenta Zitelle 43, 30133 Venezia
T: +39 041 241 2332, treoci.org
(11) Osteria al Ponte del Diavolo
Fondamenta dei Borgognoni 10/11, 30142 Venezia
T: +39 041 730 401, osteriaalpontedeldiavolo.com
(12) Boutique Pot-Pourrì
Ramo dei Fuseri 1810, 30124 Venezia
T: +39 041 241 0990, potpourri.it
(13) Chat Qui Rit
C. Tron 1131, 30124 Venezia
T: +39 041 522 9086, chatquirit.it
(14) Frette
Calle Frezzaria 1725, 30124 Venezia
T: +39 041 522 4914
(15) Ottica Mantovani
Marzaria del Capitello 4860, 30124 Venezia
T: +39 041 522 3427, otticamantovani.it
(16) GioBagnara
mehrere Filialen
z. B. Calle delle Ostreghe 2456/9, Venezia
T: +39 041 523 1148, giobagnaravenezia.com
(17) Raggio Veneziano
Campo Santo Stefano 2953, 30124 Venezia
raggioveneziano.com
(18) Osteria Doge Morosini
Campo Santo Stefano 2958, 30124 Venezia
T: +39 041 520 1002, osteriadogemorosini.it
(19) Micheluzzi Massimo
Ponte de le Maravegie 107, 30123 Venezia
T: +39 041 528 2190, massimomicheluzzi.it
(20) Fondazione Peggy Guggenheim
Palazzo Venier die Leoni/Dorsoduro 701 30123 Venezia
T: +39 041 2405 411, guggenheim-venice.it
(21) Hotel Gritti Palace
Campo Santa Maria del Giglio 2467, 30124 Venezia
T: +39 041 794 611, marriott.com
(22) Trattoria Do Forni
C. Specchieri 468, 30100 Venezia
T: +39 041 523 2148, doforni.it
(23) Grand Hotel Exelsior
Lungomare Guglielmo Marconi 41
30126 Lido di Venezia
T: +39 041 5260 201, hotelexcelsiorvenezia.com
(24) Pensione Accademia
Fondamenta Bollani 1058, 30123 Venezia
T: +39 041 5210 188, pensioneaccademia.it