Design Von der Natur inspiriert

Von der Natur inspiriert

Interview mit Kurt Josef Zalto

Interview mit Kurt Josef Zalto

Der Glasdesigner Kurt Josef Zalto ist der kreative Kopf bei Josephinenhütte. Im CHAPEAU-Gespräch erläutert der Österreicher, warum er in der Weinglasserie „Josephine“ den Höhepunkt seines bisherigen Schaffens erkennt.

Info – Der Glasdesigner Kurt Josef Zalto residiert in Österreichs ländlich geprägtem Waldviertel, nahe der tschechischen Grenze. Er stammt in sechster Generation von einer venezianischen Familie ab, die im 18. Jahrhundert als Chemiker und Glastechniker ins Waldviertel kamen – damals ein bedeutender Standort für die Glasherstellung. Die Abgeschiedenheit des Waldes kommt seiner Passion für den vielleicht ältesten künstlich hergestellten Werkstoff entgegen: Jahrelang konnte er hier ungestört an seinem Meister-Glas „Josephine“ tüfteln.

Kurt Zalto

CHAPEAU – Als ich dein Glas zum ersten Mal gesehen habe, fiel mir die fast schon schwebende Leichtigkeit auf – aber ich dachte auch an die Gefahr von Zerbrechlichkeit. Muss ich beim Kosten besondere Vorsicht walten lassen?

Kurt Josef Zalto – Nein, das musst Du nicht. Meine Gläser sind ganz bewusst leicht und filigran, aber dennoch flexibel. Das ist ganz entscheidend. Bei der Feinheit des Josephine-Glases hast Du fast das Gefühl, den Wein in der Hand zu halten. Nichts lenkt Dich vom Weingenuss ab. Ein wunderbar sinnliches Erlebnis.

Die Form des Glases nennst du „logisch wie die Natur“. Wie verstehst du deren Logik?

Seit Jahrzehnten arbeite ich am perfekten Glas. Inspiration dafür finde ich auch in der freien Natur. Ich bin fasziniert von organischen Formen. Blütenkelche bestechen durch eine zauberhafte Ästhetik, die in aller Regel auch einem logischen Zweck dient. So bin ich getrieben von der Vision, die Urform des Weinglases zu finden. Ein Glas, das so logisch ist, als hätte die Natur es erschaffen. Ein Glas, das die Aromen des Weines besser entfesselt als jedes andere. Das ist mir nun endlich gelungen. Die Josephine ist das beste Glas das ich jemals gemacht habe.

Welche Rolle spielt bei der Gestalt des Glases die menschliche Anatomie – etwa die von Gaumen und Sitz der Geschmacksnerven?

Eine ganz entscheidende. Ein Glas muss es ermöglichen, den Wein oder auch den Whisky multisensorisch zu erfassen. Deshalb bin ich persönlich kein Freund von zu kleinen Gläsern, in denen sich das Aroma nicht optimal entfalten kann. Weinexperten sind von meinem Champagnerglas sehr angetan, weil es dem Sekt oder dem Champagner mehr Raum gibt als eine klassische, schlanke Flötenform.

„Seit Jahrzehnten arbeite ich am perfekten Glas.“

Man hat fast das Gefühl, als wolle das Glas so unaufdringlich wie möglich zwischen Wein und Gaumen vermitteln. Aber gehört zur sinnlichen Wahrnehmung des Glases nicht auch ein gewisses Gewicht?

Was die Sinnlichkeit angeht, bin ich bei dir. Was das Gewicht angeht, nicht. Baudelaire hat mal gesagt, dass „allein der Rahmen, den ein Bild erhält, macht, dass es bezaubernd strahlt“. So sehe ich das bei Gläsern auch. Mit seiner hauchdünnen, fast transzendenten Skulptur verstärkt die „Josephine“ das sinnliche Genusserlebnis und lässt den Wein er-strahlen. Gewichtige Gläser, zum Beispiel aus geschliffenen Kristall, tun sich dabei schwer. Sie machen dem Wein eher Konkurrenz und wollen ihm die Show stehlen, anstatt ihm dabei zu helfen, sein Bestes zu geben.

Wie ist deine persönliche Beziehung zu Weinen?

Wir haben eine enge Beziehung – ich liebe Wein. Meine Familie stammt ursprünglich aus Italien. Ich selbst bin in Österreich geboren und aufgewachsen. In meinem Weinkeller finden sich zahlreiche Weine aus dem Kremstal, der Wachau und dem Weinviertel genauso wie aus der Toskana, Südtirol oder Sizilien. Generell ist die große weite Weinwelt so bunt und so vielfältig, dass ich mich hier nie festlegen und somit einschränken würde. Es gibt noch sehr viel zu entdecken. Ich freue mich daher immer, wenn ich einen Wein im Glas habe, den ich nicht kenne.

Pflegst du regelmäßigen Austausch mit Winzern?

Selbstverständlich. Die Winzerschaft ist für mich ein ganz wichtiger Resonanzkörper. Wir haben quasi eine symbiotische Verbindung. Wenn ihre Weine sich in meinen Gläsern nicht optimal präsentieren, dann werden sie meine Gläser nicht nutzen. Insofern ist mir der enge und konstruktive Austausch sehr wichtig.

„Ich bin kein Freund von zu kleinen Gläsern, in denen sich das Aroma nicht optimal entfalten kann.“

War bei dir zuerst die Freude am Wein oder die Leidenschaft für das Material Glas vorhanden?

Die Leidenschaft für das Material Glas wurde mir in die Wiege gelegt. Die Glastradition unserer Familie geht bis weit ins 18. Jahrhundert nach Venetien zurück. 1770 kamen meine Vorfahren als Glasmacher nach Österreich ins Waldviertel, um die durch Joseph II. verbotene Glasproduktion mit Pottasche durch modernere Techniken zu ersetzen. Inzwischen ist meine Familie in der 7. Generation im Glashandwerk und immer dem Waldviertel treu geblieben. Schon als Kind war ich oft im Glasbetrieb meines Vaters. Die Hitze des Feuers, die rotglühenden Gläser aus den hölzernen Formen und die konzentrierte und präzise Handwerkskunst der Glasbläser haben mich stark geprägt. Besonders die wundervollen Formen und eleganten Konturen der Gläser und ihr Glanz haben mich fasziniert. Mit 11 Jahren habe ich bereits begonnen, eigene Entwürfe zu zeichnen und mit der Linienführung der Gläser zu experimentieren. Mir wurde schon früh klar, dass ich nichts anderes als Glasdesigner werden möchte.

Was unterscheidet deine Kunst von den Vorgängergenerationen?

Die Leidenschaft für das Material verbindet mich natürlich ganz eng mit meiner Familie. Ich bin sehr stolz, dass ich diese Familientradition fortführen darf. Wenn ich die Arbeiten meiner Vorfahren nun mit der Josephine vergleiche, sehe ich eine Evolution, die sicherlich auch dem Zeitgeist geschuldet ist. Das Feine, das Filigrane, das Organische ist es, was ich heute gerne herausarbeiten möchten.

Wie viel Zeit braucht es, um eines deiner Weingläser herzustellen?

Vom Schmelzen der Glasmischung bis zum Polieren des fertigen Glases vergehen mehrere Tage. An der Fertigung eines Glases sind 4 bis 6 versierte Glasmacher beteiligt. Wird ein Glas am Ende nicht den Anforderungen an Reinheit, Form oder Gewicht gerecht, wird es wieder eingeschmolzen.

Trinkst du ausschließlich aus deinen Glaskreationen, oder probierst du auch mal andere Gläser aus?

Natürlich probiere ich auch die Gläser meiner Kollegen und Marktbegleiter. Das ist mir wichtig!

Zu welchen Gelegenheiten genießt du Wein aus deinen Gläsern am liebsten?

Da muss ich nicht lange überlegen: Zuhause mit meiner Familie und meinen Freunden.

Kategorie: Design
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