Lebensart WIR SIND RICHTIGE INTERIOR-NERDS
WIR SIND RICHTIGE INTERIOR-NERDS
Interview mit Delia Fischer
Delia Fischer ist blond, zierliche 1,60 Meter groß – und auch ohne BWL-Studium eine erfolgreiche Geschäftsfrau. Ihren Online-Einrichtungsshop Westwing hat sie 2011 im zarten Alter von 26 zusammen mit vier Partnern gegründet und im letzten Jahr an die Börse gebracht. Im Gespräch mit CHAPEAU spricht Delia Fischer über ihre Leidenschaft fürs Einrichten und erzählt, wie sie auch Möbel übers Internet verkauft.
Fotos: WESTWING
CHAPEAU: Wie kommt man auf die Idee eines Online-Einrichtungs-Shops?
DELIA FISCHER:
Ich hatte vor Westwing einige Jahre für die Zeitschriften ELLE und ELLE Decoration gearbeitet. Während dieser Zeit suchte ich immer wieder nach schönen, inspirierenden Onlineshops für Möbel- und Home-Accessoires mit erschwinglichen Preisen – vergeblich. Schließlich erzählte ich unserem heutigen CEO Stefan Smalla von meiner Idee, und wir stellten fest, dass es in dem Bereich tatsächlich eine Marktlücke gab. 2011 gründeten wir also Westwing, und heute sind wir in 11 europäischen Märkten aktiv.
„Die durchschnittliche Westwing-Kundin ist ca. 43 Jahre alt und besser verdienend.“
CHAPEAU: Ist das Interesse am Thema Einrichtung während deiner Zeit als Redakteurin entstanden, oder war das schon eine Leidenschaft von dir?
DELIA FISCHER:
Das Interesse zum Einrichten wurde mir von meiner Mutter in die Wiege gelegt. Bei uns daheim wurde immer darauf geachtet, dass das Haus schön dekoriert ist und alles farblich zueinander passt. Auf dem Esstisch stand auch immer ein kleiner Strauß mit frischen Blumen aus dem Garten.
CHAPEAU: Ja, Einrichtung spricht alle Sinne an, vom Sehen übers Anfühlen bis zum Geruch. Ist das deshalb nicht ein Bereich, in dem die Kunden gern in einem Laden stöbern und ausprobieren?
DELIA FISCHER:
Das Fühlen und das Persönliche spielen beim Shoppen nach wie vor eine wichtige Rolle. Ich selbst kaufe übrigens auch genauso ein: Mal habe ich Lust in einen Store zu gehen, mal kaufe ich online. Oder ich sehe etwas in einem Laden und bestelle es dann später online – und umgekehrt. Die Mischung ist entscheidend. Ich denke, dass der Onlinehandel und der stationäre Einzelhandel prinzipiell gut nebeneinander existieren können.
CHAPEAU: Habt Ihr überwiegend ältere oder jüngere Kundschaft?
DELIA FISCHER:
Die durchschnittliche Westwing-Kundin ist um die 43 Jahre alt und besser verdienend. Wir haben auch jüngere und ältere Kunden, aber Mitte 40 ist der Kern. Mit Anfang 20 gibt man sein Geld ja eher für Mode und Make-Up aus als für die Einrichtung. Das kommt dann mit dem Alter, wenn man ein bisschen mehr verdient.
CHAPEAU: Wohnen Eure Kunden eher auf dem Lande, oder habt ihr vorwiegend großstädtische Kundschaft?
DELIA FISCHER:
Sowohl als auch.
CHAPEAU: Ihr bietet verschiedene Einrichtungsstile an, vom Skandinavien-Look bis Landhaus. Welche Richtung bevorzugst Du persönlich?
DELIA FISCHER:
Ich persönlich liebe den Mix aus verschiedenen Stilen. Ich sehe jeden Tag so viele schöne neue Möbel und Accessoires – da fällt es mir schwer, mich auf einen Stil zu konzentrieren. Bei Groß-Möbeln wähle ich neutrale Farben in hellen Grau- oder Beige-Tönen. Das lässt sich super einfach und ganz schnell mit tollen Accessoires umgestalten.
CHAPEAU: Gibt die Auswahl der Styles den persönlichen Geschmack der Chefin wieder, oder ist das ein Ergebnis von Teamarbeit?
DELIA FISCHER:
Wir haben bei Westwing ein sehr großes Kreativ-Team, und unsere Styles entstehen aus Teamarbeit. Das Resultat ist ein Mix aus allen Ideen.
CHAPEAU: Das Wort „Laboratorium“ beinhaltet ja schon Experimentierfreude. Habt ihr in den ersten Jahren viel ausprobieren müssen, um herauszufinden, was das Publikum hier in Oldenburg annimmt, und was nicht?
PAVEL LÜCK:
Wir haben mehr mit Formen experimentiert, nicht so sehr mit Inhalten. Das Figurentheater hat eine eigene Formensprache, und die muss sich immer entwickeln. Beim Astrid-Lindgren-Abend, zum Beispiel kommen Animations-Elemente dazu. Astrid Lindgren steigt aus ihrem Foto aus den Zwanziger Jahren heraus, läuft quasi zweidimensional an einer Wand entlang über die Bühne und steigt in ein anderes Foto hinein. Da arbeiten wir mit Trickfilmern zusammen, und das sind Momente, in denen wir damit experimentieren, welche Form hier richtig ist, wie weit wir gehen können, wo die Animation ansetzt. Aber bei den Inhalten sind wir schon ganz früh unserer Intuition gefolgt und haben eigentlich immer das gemacht, was uns gerade am meisten interessiert hat – oder womit uns das Leben überfallen, überrascht und konfrontiert hat. Krankheiten oder der Tod unserer Eltern waren solche Punkte, an denen wir gesagt haben, daraus machen wir jetzt einen Abend. Das berührt uns emotional gerade am meisten. Wir haben dann gespürt, dass wir mit solchen Erfahrungen nicht allein sind, sondern dass andere Menschen natürlich genau die gleichen Erlebnisse zu verarbeiten haben. Diese Erfahrungen bieten wir auf ganz eigene Art und Weise dar, ohne sie zu verkopfen oder übermäßig zu intellektualisieren.
CHAPEAU: Mir sind die vielen verschiedenen Samtsofas in Eurem Angebot aufgefallen. Welche Bedeutung hat Samt für die Wohnlichkeit eines Raumes?
DELIA FISCHER:
Samt ist ein wunderschönes Material. Es ist super bequem, sieht toll aus und zaubert in jeden Raum einen Hauch Luxus. Der Trend hält sich nun schon seit mehreren Jahren im Interior-Bereich.
CHAPEAU: Welche Designer haben dich besonders beeindruckt?
DELIA FISCHER:
Viele. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Bis heute inspirierend: Dorothy Draper und ihr großartiger, farbenprächtiger Stil. Seit vielen Jahren bin ich außerdem begeistert von Kelly Hoppen, und neuerdings bin ich großer Fan von Ryan Korban.
CHAPEAU: Ihr vertreibt Produkte von Herstellern wie House Doctor oder Bloomingville. Designt Ihr auch eigene Produkte?
DELIA FISCHER:
Ja, wir designen auch unsere eigenen Produkte. Die „Westwing Collection“ ist eines meiner Herzensprojekte. Ich hatte schon lange den Wunsch, eine eigene Interiorkollektion zu kreieren. Wir bei Westwing sind ja richtige Interior-Nerds. Wir haben immer so viele Ideen für Produkte, die wir auf dem Markt nicht finden und deshalb nicht anbieten können. Bei unserer Collection ist mir wichtig, dass die Produkte sehr stylish und qualitativ hochwertig sind, aber unbedingt erschwingliche Preispunkte haben.
„Wir haben bei Westwing ein sehr großes Kreativ-Team. Resultat ist am Ende ein Mix aus allen Ideen.“
CHAPEAU: Arbeitet Ihr auch mit externen Designern?
DELIA FISCHER:
Ja, wir haben interne und externe Designer für Möbel, Textil und Leuchten.
CHAPEAU: Warum habt Ihr den Shop in die Bereiche Westwing und WestwingNow unterteilt?
DELIA FISCHER:
Mit unserem Club-Modell Westwing bieten wir täglich wechselnde Sales mit sorgfältig ausgewählten Produkten an. Daneben wollten wir unseren Kunden auch die Möglichkeit bieten, in einem dauerhaften Online-Shop wie WestwingNow aus einer riesen Auswahl an Möbel und Accessoires zu shoppen. Wenn zum Beispiel eine Kundin ein gelbes Kissen kaufen möchte, kann sie bei WestwingNow ganz einfach danach suchen. Bei Westwing dagegen kann es sein, dass wir aktuell gar kein gelbes Kissen im Sale anbieten.
CHAPEAU: Wie werden Möbel beim Kunden angeliefert?
DELIA FISCHER:
Die Bestellung wird von unserem Logistikdienstleister sicher verpackt und per DHL, Hermes oder UPS bequem nach Hause geliefert. Besonders große und sperrige Produkte werden von uns per Spedition zum Kunden oder an die angegebene Lieferadresse zugestellt. Wir haben zahlreiche unterschiedliche Kartongrößen. Unsere Verpackungsexperten wählen die angemessen großen Kartons aus, und die bestellten Produkte werden sorgfältig mit recyclebarem Material gepolstert versendet.
CHAPEAU: Ist bei der Lieferung bereits alles fertig montiert?
DELIA FISCHER:
Nein, alles nicht. Vor allem Großmöbel wie Regale oder Tische können nicht montiert geliefert werden.
„Der Trend zu Samt hält sich im Interieur-Bereich nun schon seit mehreren Jahren.“
CHAPEAU: Ein großes Problem für viele Online-Shops ist die Rücksendungsquote. Wie ist das bei euch: Lassen sich die Leute drei oder vier Produkte liefern und schicken dann drei Viertel davon zurück?
DELIA FISCHER:
Unsere Rücksendequote ist niedrig – die liegt bei 13-14 Prozent.
CHAPEAU: In welchen Ländern seid Ihr bereits vertreten?
DELIA FISCHER:
Wir sind in 11 europäischen Ländern vertreten. Dazu zählen: Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien, Spanien, Frankreich, Niederlande, Belgien, Polen, Slowakei, Tschechien.
CHAPEAU: Ist der Einrichtungsgeschmack der Menschen mittlerweile globalisiert, oder gibt es noch nationale Unterschiede?
DELIA FISCHER:
Man kann nach wie vor nationale Eigenheiten beim Möbelkauf feststellen. Wir Deutsche, zum Beispiel, mögen es schlichter. Die Franzosen sind bei Farben und Mustern experimentierfreudiger. Auch Spanier richten sich lieber bunt und ausgefallener ein.
CHAPEAU: Wird das Angebot laufend ergänzt oder saisonweise erneuert?
DELIA FISCHER:
Unser Angebot auf WestwingNow erweitern wir laufend, auch unsere eigene Westwing Collection wird ständig ergänzt. Gerade haben wir unsere Sommer Kollektion „Modern Natural“ mit über 400 neuen Produkten gelauncht.
CHAPEAU: Hast Du schon mal über die Gründung eines Flagshipstores nachgedacht?
DELIA FISCHER:
Wir haben bereits positive Erfahrungen mit unseren Westwing Pop-Up Stores gemacht und denken auch über die Option eines Flagshipstores nach.
CHAPEAU: Gibt es weitere Expansionspläne oder Ideen für neue Angebote, die über den Einrichtungsbereich hinausgehen?
DELIA FISCHER:
Momentan fokussieren wir uns ganz auf unser Online-Geschäft in unseren bestehenden elf Märkten in Europa.