Top „Wir verlieren unsere kulinarischen Wurzeln.“

„Wir verlieren unsere kulinarischen Wurzeln.“

Interview mit Tarik Rose

Tarik Rose ist ein Koch, der sich Gedanken macht. Der über die Zukunft der Gastronomie mit ebenso viel Leidenschaft spricht wie über seine Produkte. CHAPEAU konnte sich davon im Gespräch überzeugen.

CHAPEAU ― Tarik, was bedeutet für dich Grillen? Ist das für dich gleichzusetzen mit dem Kochen am Herd? Oder hat es eher was Archaisches?

Tarik Rose ― Ich finde Grillen ist total direkt und pur. Du bist unmittelbar dabei, hast Feuer, hast Hitze und hast eine Aromatik, die du nur im Grill erzeugen kannst – diese leicht rauchige Note. Ich bin absolut der Kohle-Fan. Das ist für mich das typische Grillen, so wie man es früher gemacht hat. Grillen ist für mich pure Lust, und das gilt nicht nur für das Grillen von Fleisch.

Wie definierst du „richtig gutes Essen“? Womit fängt es an?

Mit den Zutaten, sie sind für mich das Wichtigste. Worauf ich überhaupt nicht stehe, ist diese ganze Chichi-Küche. Ich war letztens essen und hatte einen Gang, der eigentlich auf einen Löffel gepasst hätte. Da frage ich mich dann, ob es sein muss, dass ich Lauch im Ofen bei 300 Grad verbrennen lasse und dann das Innere rauspule, damit ich es ganz dünn auf den Teller lege und darunter eine Creme mache. Wenn ich am nächsten Tag in ein anderes Restaurant gehe, wo es auch handfeste Sachen gibt, etwa ein Stück Fleisch vom Grill, dann bin ich viel glücklicher.

Wie siehst du die aktuellen Entwicklungen im Ernährungsbereich? Stichwort lowcarb, vegan, slowfood …

Das ist eine riesige Industrie geworden, in die viele Menschen jetzt versuchen aufzuspringen und Geld zu verdienen. Schau dir nur die ganzen Bücher und Apps dazu an. Aus meiner Sicht ist vieles davon Unsinn, vor allem wenn es um das Thema Abnehmen geht. Man muss eigentlich erstmal resetten, in sich hören, und eine kleine Entgiftungskur machen. Erst dann kann man rausfinden, was man wirklich mag. Wir müssen selbst lernen, uns wohlzufühlen. Gesunde Ernährung ist enorm wichtig. Der größte Scheiß ist für mich die raffinierte Lebensmittelindustrie, die alles verfremdet und keine ursprünglichen Produkte mehr zulässt. Ich habe nichts dagegen, wenn man gelegentlich mal etwas davon in den Ofen schiebt – aber das darf sich nicht zu oft wiederholen und zur Regel werden. Sonst verliert man den Geschmack für all die tollen Gerichte und schätzt Produkte nicht mehr. Es ist doch verrückt: Deutschland ist wahrscheinlich eine der Nationen, in denen am wenigsten Geld für Essen ausgegeben wird. Hier zählt das Auto, hier zählt zwei Mal im Jahr Urlaub. Und die Leute kaufen sich riesengroße Grills und wahnsinnig teure Messer. Aber das Fleisch, das sie damit zubereiten, kommt vom Discounter. Da fehlt mir die Wertschätzung.

Wo ist die alte gute deutsche Küche geblieben? Wird sie bewusst vernachlässigt?

Die gute alte deutsche Küche wird vernachlässigt, ganz klar. In einer Stadt wie Hamburg ist es schwer, ein passendes Restaurant zu finden. Wir verlieren unsere kulinarischen Wurzeln und es gibt wenige, die sich trauen, die deutsche Küche auf ein neues Level zu heben.

Was bedeutet Kochen im Fernsehen? Muss man als Promi-Koch zwangsläufig dahin, um nicht in Vergessenheit zu geraten?

Nein, ich glaube nicht, dass Fernsehen für den Koch wichtig ist. Es gibt viele Köche, die sich gar nicht für das Fernsehen interessieren und wahnsinnig gut kochen. In irgendwelchen Sendungen zu sein, sagt ja schließlich nichts über das Können eines Kochs aus. Kochen im Fernsehen ist ein fester Teil der Medienlandschaft geworden. Aber: Wirkliche Kochsendungen gibt es gar nicht so oft. Es gibt viele Shows, die alle mit dem Thema Essen zu tun haben. Aber dieses Frontalkochen, das zum Beispiel Jamie Oliver macht, gibt es in Deutschland nicht, höchstens in den dritten Programmen. Beim NDR versuche ich den Leuten zum einen das Thema Kochen zu zeigen, zum anderen aber auch Ausflüge in die Region, damit sie sehen, woher die Produkte kommen. Kochen im Fernsehen ist Entertainment, ganz sicher. Aber es darf für die Zuschauer durchaus einen Mehrwert haben.

Wohin geht die Reise in der Gastronomie?

Die Gastronomie muss sich vor allem um neue Mitarbeiter kümmern, die Lust auf den Job dort haben. Natürlich ist die Situation bei den Fachkräften schlecht, aber viele Gastronomen haben viel dazu beigetragen, dass die Bedingungen eben nicht besonders attraktiv sind. Ich spüre, dass sich daran langsam etwas ändert. Und das ist gut so, denn die Gastronomie bietet so viele Möglichkeiten für junge Leute, die Bock haben kreativ zu sein, die Bock haben Dinge zu sehen, die die Welt bereisen wollen. Wenn man hier in Deutschland Koch lernt, ist man überall auf der Welt gern gesehen. Bei Restaurantfachleuten oder Hotelkaufleuten ist das nicht anders. Ja, man muss auch abends arbeiten, aber die Bedingungen werden besser. Die Gastronomie muss auch in anderen Bereichen umdenken. Spannende Konzepte müssen kommen, dann haben die Leute auch Spaß, daran mitzuarbeiten und sich weiterzuentwickeln. Ein Trend ist sicher das schlichte, pure Kochen. Berlin ist der Vorreiter für diese kleine schnelle Gastronomie. Hamburg zieht gerade nach.

Muss der Gast neu angelernt werden?

Unsere Aufgabe in der Gastronomie ist es, den Menschen ein Erlebnis zu verschaffen. Das müssen die Gastronomen ebenso verstehen wie die Gäste. Ich sehe uns in der Pflicht, die Produkte nachhaltig zu behandeln und mit den Ressourcen schonend umgehen. Wir müssen vermitteln, dass Produkte von guter Qualität besser schmecken – erst recht, wenn sie auch gut zubereitet sind. Ein Stück Fleisch vom Discounter, das in die Pfanne gehauen wird, bleibt immer noch ein Stück Fleisch vom Discounter, das in die Pfanne gehauen wird. Wichtig ist, mit gutem Gewissen genießen zu können. Wenn wir das vernachlässigen und beim Billigfraß bleiben, ist das Ende der Fahnenstange bald erreicht. Und noch etwas: Der Gast muss auch verstehen, dass Leistung Geld kostet. Man beauftragt ja auch keinen Tischler, der für zehn Euro pro Stunde etwas Großartiges produzieren soll.

Ein Problem der Erwartungshaltung?

Ja, man erwartet viel als Gast, will eine schöne Zeit haben und tolles Essen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Menschen, die sich am Tisch eigentlich nichts zu sagen haben, am meisten am Essen rummäkeln. Die lassen da häufig kein gutes Haar dran, obwohl es objektiv nichts zu meckern gibt. Die Gastronomie ist nicht nur für das Essen da, sondern auch für die Unterhaltung, für die Bewirtung, den Service. Ich will, dass sie die Gäste warm empfängt und sie warm verabschiedet. Die Leute sollen wirklich ein tolles Gefühl haben, einen schönen Abend haben – genau, wie wenn sie ins Theater gehen. Der französische Meisterkoch Paul Bocuse, der kürzlich verstorben ist, hat gesagt, das Essen sind zwanzig Prozent. Den Rest macht die Atmosphäre aus, das ganze Drumherum. Ich gehe lieber in Restaurants, in denen ich mich wohlfühle. Das ist für mich besser als ein Laden, in dem ich steif sitze, aber das beste Essen meines Lebens bekomme. Das mache ich vielleicht einmal, aber nicht täglich. Die Gäste müssen lernen sich zu entscheiden, welche Art von Gastronomie sie möchten.

Kleiner Themenwechsel zum Schluss: Was hältst du von Streetfood?

Wenn da alle wirklich Gas geben und das mit Liebe machen, dann ist das eine absolute Bereicherung. Es gibt viele gute Leute, von denen ich begeistert bin, die das machen. Aber es gibt natürlich auch eine Menge an Quereinsteigern, die jetzt auf den Zug aufspringen, obwohl denen die Kompetenz fehlt. Bitte nicht falsch verstehen, ich finde Quereinsteiger toll, die kommen mit einer ganz anderen Motivation in die Gastronomie und können unheimlich viel bewegen. Die Gastronomie ist bunt – und sie bringen noch eine weitere Farbe rein. Aber sie müssen eben fachlich auch was draufhaben und können nicht gleich völlig ahnungslos mit ’nem Burgerwagen starten, nur weil es hip ist. Richtige Streetfood ist natürlich noch eine Nummer drüber. Das Niveau, das es etwa in Bangkok gibt, werden wir allerdings nie erreichen. Da sollten wir uns nichts vormachen.

Schön, Tarik, vielen Dank für das Gespräch.

Gewürzlachs BBQ mit Avocado Zitrone und Kräutersalat

Marinade
1 MSP BAHARAT
1 TL BAHARAT
1 MSP PAPRIKAPULVER
1/2 TL KURKUMA
1/2 TL BRAUNER ZUCKER
1 GESTRICHENEN TL MEERSALZ
1/2 BD. KORIANDER
1/2 BD. PETERSILIE
SAFT UND ABRIEB VON EINER ZITRONE 1/2 ROTE ZWIEBEL
1 EL OLIVENÖL

― Alle Zutaten in einen Mixer geben und fein Pürieren.

4 STÜCKE LACHSFILET A 150 G
― Den Lachs mit der Marinade marinie- ren und auf eine Auflaufform legen. Mit Backpapier abdecken und bei ca. 70 ° C in den Ofen geben. 20 Minuten garen.

1 AVOCADO
SAFT VON EINER LIMETTE
1-2 TL BRAUNER ZUCKER
PRIESE SALZ
PFEFFER AUS DER MÜHLE
― Avocado entkernen und schälen. Mit den restlichen Zutaten Mixen bis eine feine Masse entsteht.

50 G KRÄUTERSALAT
SAFT VON EINER ZITRONE
2 EL OLIVENÖL
1 EL HONIG
SALZ
PFEFFER
― Den Salat in eine Schüssel legen. Restliche Zutaten in ein Weckglas geben. Glas sicher verschließen und ordentlich Schütteln. Salat mit dem Dressing Marinieren.

― Mit dem Avocadomus einen Strich auf dem Teller machen. Den Lachs dar- auf anrichten. Mit etwas Salat garnieren.

Mögliches Extra― Topinamburchips
TOPINAMBUR
FRITTEUSE
REIBE
MEERSALZ

Monolith Premium Händler:

Westerstede: COLDEWEY Grillwelt www.coldewey.de

Bad Zwischenahn/ Oldenburg: KüchenArt www.kuechen-art.de

Osnabrück: Der Grillladen

Hamburg: GrillKontor www.grill-kontor.com

Kategorie: Top
Chapeau - Das Magazin für kultivierte Lebensart - Logo