Genuss Wo man Riesling mit å schreibt

Wo man Riesling mit å schreibt

Wo man Riesling mit å schreibt

So etwas nennt man Traditions-Weinbau: In zehnter Generation betreibt der Winzer Urban Stågard mit seiner Frau Dominique den Lesehof im niederösterreichischen Krems an der Donau. Mit ökologischer Anbauweise hat er zahlreiche Preise gewonnen – und sich bei Kollegen den Ruf als „Mr. Riesling“ erworben.

Info – Den Lesehof gibt es seit 1424, und der Keller ist sogar schon fast 1.000 Jahre alt. 1786 übernahmen Urbans Vorfahren den Betrieb. Der Name Stågard kam mit dem Vater in die Familie. Er siedelte 1985 mit Frau und dem siebenjährigen Urban aus Schweden nach Krems ein und übernahm das Gut von der verstorbenen Großmutter. 2008 traten Urban und seine Frau Dominique die Nachfolge an und stellten die 4,5 Hektar Rebfläche auf Bioweinbau um. Sie greifen nur dezent in die Rebflächen ein und überlassen den Weinen ihre eigene Entfaltung und Charakterbildung. Das Ergebnis sind authentische Weine mit klarem Geschmacksbild, die mit Top-Bewertungen be- lohnt werden. Mit 60 Prozent ist der Riesling die dominante Sorte auf dem Lesehof, der mittlerweile etwa 17 Hektar umfasst.

CHAPEAU — Auf welche Auszeichnung deiner Weine bist du besonders stolz?

URBAN STÅGARD – Stolz sind wir auf jede einzelne. Gerade weil unsere Weine durch die Bank tolle Bewertungen bekommen – und nicht nur ein spezieller Wein immer raussticht. Das zeigt, dass unsere Stilistik generell gut ankommt.

Eure Familie blickt auf eine jahrhundertealte Weinbautradition zurück. Wie verbindet ihr die lange Tradition des Hauses mit der ökologischen Anbauweise?

Die Umstellung auf Bio, und jetzt gerade auf biodynamisch, ist für uns ein Zurückkehren auf das traditionelle Weinmachen. Vieles was man den letzten 40-50 Jahren in der modernen Anbauweise eingeführt hat, ist gar nicht notwendig. Die Klimaveränderung bringt hohe Temperaturen und Trockenheit, erhöhten Druck von Pilzkrankheiten. Da müssen wir künftig noch mehr darauf achten, dass die Weingärten aktiv und gesund bleiben. Das geht nach unserer Meinung am effektivsten mit ökologischer Bearbeitung.

„Die Umstellung auf Bio ist für uns eine Rückkehr zum traditionellen Weinmachen.“

Dein Vater ist in den 80er Jahren aus Schweden in die Familie gekommen. Hat er sich dann auch mit Weinbau beschäftigt?

Er und meine Mutter haben 1985 das Weingut von den Großeltern übernommen, und ich habe 2008 von meinen Eltern 4,5 ha übernommen. Mittlerweile konnten wir den Betrieb auf 17,5 ha vergrößern.

Wie muss man sich das Leben in einer traditionellen Weinbaufamilie vorstellen: Warst du von klein auf mit der Herstellung von Wein beschäftigt?

Ich bin erst mit sieben Jahren nach Österreich gekommen. Die ersten Jahre haben wir in Schweden gelebt und sind erst zurückgekommen, als meine Großmutter starb und die Zukunft des Weingutes in Gefahr war. Als ich klein war, spielten wir immer mit anderen Kindern im Weingarten. Im Keller waren wir nur zur Erntezeit.

Wann ist dir klar geworden, dass du die Familientradition fortsetzen wirst?

Ich war einige Jahre nicht im Elternhaus, musste raus und mir die Hörner abstoßen. Das Verhältnis zu meinen Eltern war leider auch nie das beste. 2005 habe ich mir dann einen Bänderriss zugezogen und hatte viel Zeit über das Leben nachzudenken. In der Zeit hat mir der Weingott zugeflüstert, dass ich mich besinnen soll. Dominique war da auch schon zwei Jahre an meiner Seite und hat mich immer darin bestärkt, meiner Berufung zu folgen. Ich habe dann angefangen, nebenbei in einem 20-Stunden-Job zu Hause wieder mit zu helfen – aber schon nach meinen Vorstellungen.

Der Name Dominique klingt französisch. Wo habt Ihr euch kennengelernt?

Sie ist Vollblut-Wienerin, und dort haben wir uns auch kennengelernt. Aber ihre Mutter ist viel in Frankreich unterwegs gewesen und hat den Namen von der Reise mitgebracht.

Seht Ihr euch in erster Linie als Österreicher oder als Europäer?

Meine Wurzeln sind in Schweden, und wir lieben es, auch immer wieder dahin zu fahren. Unsere Zwillingsmädchen Alva und Thorun sind in Deutschland geboren, weil Dominique in der 30. Schwangerschaftswoche unbedingt noch mit auf eine Weingutspräsentation in Koblenz wollte. Wir sind also eine ziemlich paneuropäische Familie. Aber zu Hause sind wir in Österreich und lieben unser Land.

Hast du den schwedischen Teil deiner Familie schon zu Weinkennern erziehen können?

Die schwedische Familie gehört nicht zu den großen Weintrinkern. Aber die sind stolz darauf, dass sie unsere Weine mittlerweile auch dort kaufen können. Wir haben am Weingut auch immer wieder Gäste und Gruppen aus Schweden. Bisher war noch jeder von den Verkostungen sehr angetan.

Stehst du regelmäßig mit Winzern aus anderen Regionen und Ländern in Austausch?

Ich bin sehr gut vernetzt, und meine besten Winzerfreunde sind an der Mosel, im Rheingau und in der Pfalz zu Hause – auch Gegenden, wo wir immer wieder gerne hin reisen.

„Was du dem Boden gibst, erntest du in seinen Früchten.“

Welche Risiken sind mit dem ökologischen Anbaumethoden verbunden?

Man kann nur vorausschauend arbeiten. Bei der Umstellung auf Bio muss man damit umgehen, dass die Ernte kleiner wird. Nach 15 Jahren sind wir jetzt gut eingespielt und haben ein gewisses Knowhow, das gut funktioniert.

Ist die Klima-Erwärmung eher ein Vor- oder ein Nachteil für den Weinbau an der Donau?

Der Klimawandel macht sich vor allem in den niederen Lagen bemerkbar. Man kann sich nicht mehr richtig einstellen, alles ist extremer geworden – extrem trocken, extrem feucht, kein Mittelmaß. Unsere Hauptsorte Riesling kommt sehr gut damit zurecht.

„Unsere Hauptsorte Riesling kommt mit dem Klimawandel sehr gut zurecht.“

Welchen Anteil hat der Boden an der Qualität eines Weines?

Den größten Anteil. Je höher die Qualität des Bodens desto höher die Qualität des Weines. Was du dem Boden gibst, erntest du in seinen Früchten.

Hat sich die jahrhundertelange Bewirtschaftung nicht auch auf die Beschaffenheit des Bodens ausgewirkt?

Übertriebene Kunstdünger und Herbizide setzen den Böden zu.

Ist es richtig, dass der Boden auf dem Pfaffenberg für die Premiumqualität einiger deiner besten Weine mitverantwortlich ist?

Der Pfaffenberg wächst auf Gföhler Gneis und ist einer unserer top Rieden¹. Wir haben mittlerweile acht dieser Großen Lagen, und alle wachsen auf Urgesteinsterrassen. Durch die Füllung jeder einzelnen Riede wollen wir zeigen, wie unterschiedlich sich die Sorte Riesling zeigen kann. Der Boden, die Ausrichtung, das Alter der Reben bringen unterschiedliche Geschmacksrichtungen in der Sorte hervor. Das bewegt uns immer wieder.

„Ich liebe Riesling wie keine andere Sorte.“

Riesling ist Euer Top-Favorit…

Hier im Kremstal haben wir sicherlich den größten Riesling-Anteil im Sortiment. Ich liebe die Sorte wie keine andere. Riesling zeigt so viel Finesse und kann meiner Meinung nach am besten die Herkunft zeigen.

Welche Sorten baust du sonst noch an?

Grüner Veltliner, die Hauptsorte unserer Region, aber wir haben auch Weißburgunder, Sauvignon Blanc, ein bisschen Muskateller, Neuburger und auch Zweigelt im Sortiment.

Trotzdem hat man dir den Spitznamen „Mr. Riesling“ gegeben. Wie ist es dazu gekommen?

Wenn man jahrelang dafür steht, bleibt es in den Köpfen.

Könnte man darüber nicht die anderen Sorten vernachlässigen?

Wir behandeln selbstverständlich jede Riede gleich. Aber man kann sich ja auch nur für eine Frau entscheiden.

Wie ist der Jahrgang 2020 bei euch ausgefallen?

Sehr gut. Wir hatten weniger Menge, aber die Qualität ist Top.

Was gehört für dich zu einem richtig guten Weinerlebnis?

Die Gesellschaft, die Geschichten, das Philosophieren, das Essen…

Gab es vielleicht in den ersten Jahren schon mal Momente, wo du der Verzweiflung nahe warst und daran dachtest, etwas ganz anderes als Weinbau zum machen?

Immer wieder. Leider ist das Verhältnis zu meinen Eltern nie das Beste gewesen, somit hat mir das Arbeiten zu Hause auch keine Freude bereitet. Und die Umstellung auf biologische Arbeitsweise kostete uns in den ersten Jahren auch Ernte. Da waren wir auch nicht immer hundertprozentig sicher, ob das die richtige Entscheidung war. Zum Glück sind wir dran geblieben.

Ihr beide seid noch jung, aber da Winzer sehr langfristig planen: Wie sieht es mit der nächsten Generation aus – soll die Familientradition erhalten bleiben?

Ich denke, unsere Mädchen spüren, wie schön unser Beruf ist. Es wäre natürlich schön, wenn es auch noch eine 11. Generation auf dem Lesehof geben würde. Aber wir üben keinen Druck aus. Es muss Freude machen, und man muss sich bewusst dafür entscheiden. Wir für unseren Teil werden alles tun, damit wir einen gesunden Betrieb übergeben.

Welche Wünsche habt ihr für das Jahr 2021?

Normalität, auch wenn das in diesem Jahr vielleicht noch nicht in Erfüllung geht. Wir wünschen uns viele Weinverkostungen, schöne Momente mit Freunden und Weinliebhabern. Wir wollen an der Donau mit unserer Neuen Zille Weinverkostungen durchführen, wieder Gäste in unserer Ferienwohnung empfangen – und wir sehnen uns nach Urlaub am Strand. Am wichtigsten ist, dass wir alle gesund bleiben.

Dann wünschen wir euch dazu alles Gute und weiterhin viel Erfolg. Vielen Dank für das schöne Gespräch.

¹Mit Rieden bezeichnet man in Österreich die einzelnen Lagen der Rebflächen.

Lesehof Stagård

Hintere Fahrstraße 3
A – 3500 Krems / Stein an der Donau
stargard.at

Exklusive Handelsvertretung Weintresor Oldenburg
Romeo Pavlovic
Kontakt: 0175 2092574

Kategorie: Genuss
Chapeau - Das Magazin für kultivierte Lebensart - Logo